Ermittlungen gegen Ex-Polizeichef vor Ende
Ermittlungen gegen früheren Inspektionsleiter in Nohfelden-Türkismühle offenbar vor dem Abschluss
Nötigung in besonders schweren Fällen lautet der Vorwurf gegen den Ex-Chef der Polizeiinspektion Nohfelden-Türkismühle. In mindestens 15 Fällen soll er Richter gespielt haben. > Seite B 1
In mindestens 15 Fällen soll ein Polizeibeamter Jugendliche selbst bestraft und Sozialstunden verordnet haben. Die Ermittlungen sind offenbar fast abgeschlossen. Mittlerweile ist von Nötigung im Amt die Rede.
Nohfelden/Saarbrücken. Der Fall schlug vor einem Jahr große Wellen. Landespolizeipräsident Norbert Rupp tauchte Anfang Juli 2015 überraschend in der Polizeiinspektion Nohfelden-Türkismühle auf und teilte dem örtlichen Polizeichef Gernot M. (59) mit, dass er von der Leitung der Dienststelle entbunden und vorläufig zum Verkehrsdienst versetzt sei. Nur etwa 15 Minuten nach Rupp standen damals die Kripo-Experten für Besondere Ermittlungen und Korruption (BEK) im Büro des Ersten Hauptkommissars in der Trierer Straße in Türkismühle. Sie präsentierten einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss. Daten vom Dienstcomputer und Speichermedien wurden sichergestellt. Der Vorwurf gegen den Ersten Hauptkommissar, der bis dahin als Musterbeamter mit besonderem Engagement im Präventionsbereich und Jugendschutz galt: Strafvereitelung im Amt und Manipulation von Daten im Polizeicomputer.
Ein Jahr nach dieser Blitzaktion sind nach Informationen unserer Zeitung die Ermittlungen gegen Gernot M. weitgehend abgeschlossen. Der zuständige Staatsanwalt habe, so heißt es, einen vorläufigen Abschlussbericht auf dem Tisch. Mittlerweile soll der Hauptvorwurf nicht mehr Strafvereitelung im Amt lauten. Jetzt steht angeblich Nötigung in besonders schweren Fällen im Raum, weil M. Amtsträger war. Das Strafgesetzbuch sieht hier pro Fall eine Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten vor.
In mindestens 15 Fällen, so heißt es, gebe es Hinweise darauf, dass der Polizist selbst das Recht in die Hand genommen habe. Er soll also Selbstjustiz geübt haben, bei jugendlichen Alkoholsündern Richter gespielt haben. Bekannt ist, dass der Beamte, der für die SPD in einem St. Wendeler Stadtteil eine führende Rolle in der Kommunalpolitik ausübt, in der Vergangenheit besonderes Augenmerk darauf gelegt hatte, Alkoholkonsum bei Jugendlichen zu unterbinden. Hat er sein Engagement etwa übertrieben?
Berichtet wird, der Hauptkommissar soll Jugendliche und auch eine Frau, die Alkohol verkauft hat, stark unter Druck gesetzt und Sozialstunden in einem Tholeyer Seniorenheim als Denkzettel verordnet haben. Im Gegenzug sei auf eine Anzeige verzichtet worden. Der Polizist war sich seiner Sache offenbar sehr sicher. Von einer seiner vehementen Ansprachen existiert offenbar eine Aufzeichnung auf einem Anrufbeantworter. Erziehungsberechtigte sollen wegen seines Verhaltens interveniert haben.
Der Beamte war gestern telefonisch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Sein Verteidiger, der Neunkircher Rechtsanwalt Ralf Heydrich erklärte, von Nötigung könne aus seiner Sicht keine Rede sein. Sein Mandant sei in der Prävention sehr aktiv gewesen. Das es dabei „Ansprachen“gab, sei kein Geheimnis. Der Anwalt: „Es gibt keine neuen Erkenntnisse.“Er gehe davon aus, dass der Erste Hauptkommissar im August planmäßig in den Ruhestand wechseln werde.