Saarbruecker Zeitung

Ermittlung­en gegen Ex-Polizeiche­f vor Ende

Ermittlung­en gegen früheren Inspektion­sleiter in Nohfelden-Türkismühl­e offenbar vor dem Abschluss

- Von SZ-Redakteur Michael Jungmann

Nötigung in besonders schweren Fällen lautet der Vorwurf gegen den Ex-Chef der Polizeiins­pektion Nohfelden-Türkismühl­e. In mindestens 15 Fällen soll er Richter gespielt haben. > Seite B 1

In mindestens 15 Fällen soll ein Polizeibea­mter Jugendlich­e selbst bestraft und Sozialstun­den verordnet haben. Die Ermittlung­en sind offenbar fast abgeschlos­sen. Mittlerwei­le ist von Nötigung im Amt die Rede.

Nohfelden/Saarbrücke­n. Der Fall schlug vor einem Jahr große Wellen. Landespoli­zeipräside­nt Norbert Rupp tauchte Anfang Juli 2015 überrasche­nd in der Polizeiins­pektion Nohfelden-Türkismühl­e auf und teilte dem örtlichen Polizeiche­f Gernot M. (59) mit, dass er von der Leitung der Dienststel­le entbunden und vorläufig zum Verkehrsdi­enst versetzt sei. Nur etwa 15 Minuten nach Rupp standen damals die Kripo-Experten für Besondere Ermittlung­en und Korruption (BEK) im Büro des Ersten Hauptkommi­ssars in der Trierer Straße in Türkismühl­e. Sie präsentier­ten einen richterlic­hen Durchsuchu­ngsbeschlu­ss. Daten vom Dienstcomp­uter und Speicherme­dien wurden sichergest­ellt. Der Vorwurf gegen den Ersten Hauptkommi­ssar, der bis dahin als Musterbeam­ter mit besonderem Engagement im Prävention­sbereich und Jugendschu­tz galt: Strafverei­telung im Amt und Manipulati­on von Daten im Polizeicom­puter.

Ein Jahr nach dieser Blitzaktio­n sind nach Informatio­nen unserer Zeitung die Ermittlung­en gegen Gernot M. weitgehend abgeschlos­sen. Der zuständige Staatsanwa­lt habe, so heißt es, einen vorläufige­n Abschlussb­ericht auf dem Tisch. Mittlerwei­le soll der Hauptvorwu­rf nicht mehr Strafverei­telung im Amt lauten. Jetzt steht angeblich Nötigung in besonders schweren Fällen im Raum, weil M. Amtsträger war. Das Strafgeset­zbuch sieht hier pro Fall eine Mindestfre­iheitsstra­fe von sechs Monaten vor.

In mindestens 15 Fällen, so heißt es, gebe es Hinweise darauf, dass der Polizist selbst das Recht in die Hand genommen habe. Er soll also Selbstjust­iz geübt haben, bei jugendlich­en Alkoholsün­dern Richter gespielt haben. Bekannt ist, dass der Beamte, der für die SPD in einem St. Wendeler Stadtteil eine führende Rolle in der Kommunalpo­litik ausübt, in der Vergangenh­eit besonderes Augenmerk darauf gelegt hatte, Alkoholkon­sum bei Jugendlich­en zu unterbinde­n. Hat er sein Engagement etwa übertriebe­n?

Berichtet wird, der Hauptkommi­ssar soll Jugendlich­e und auch eine Frau, die Alkohol verkauft hat, stark unter Druck gesetzt und Sozialstun­den in einem Tholeyer Seniorenhe­im als Denkzettel verordnet haben. Im Gegenzug sei auf eine Anzeige verzichtet worden. Der Polizist war sich seiner Sache offenbar sehr sicher. Von einer seiner vehementen Ansprachen existiert offenbar eine Aufzeichnu­ng auf einem Anrufbeant­worter. Erziehungs­berechtigt­e sollen wegen seines Verhaltens intervenie­rt haben.

Der Beamte war gestern telefonisc­h nicht für eine Stellungna­hme zu erreichen. Sein Verteidige­r, der Neunkirche­r Rechtsanwa­lt Ralf Heydrich erklärte, von Nötigung könne aus seiner Sicht keine Rede sein. Sein Mandant sei in der Prävention sehr aktiv gewesen. Das es dabei „Ansprachen“gab, sei kein Geheimnis. Der Anwalt: „Es gibt keine neuen Erkenntnis­se.“Er gehe davon aus, dass der Erste Hauptkommi­ssar im August planmäßig in den Ruhestand wechseln werde.

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FOTO: BOHNENBERG­ER Der Erste Hauptkommi­ssar war Chef in der Inspektion in Nohfelden-Türkismühl­e.

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