Duell der Superstars im ersten Viertelfinale
Heute um 21 Uhr erstes EM-Viertelfinale: Portugal und Polen haben bisher mit wenigen Toren viel erreicht
Vor dem ersten Viertelfinale der Fußball-EM heute Abend zwischen Portugal und Polen richten sich alle Augen auf Cristiano Ronaldo und Robert Lewandowski.
Polen gegen Portugal im Viertelfinale der EM heißt auch: Lewandowski gegen Ronaldo, das Duell zweier Ausnahme-Angreifer. Doch vor der Partie in Marseille fallen beide Teams eher durch Minimalismus auf.
Marseille. Der Minimalismus hat bei dieser Fußball-Europameisterschaft zwei Namen: Polen und Portugal. Die Polen haben Robert Lewandowski – aber in ihren bisherigen vier Spielen nur drei Tore geschossen. Die Portugiesen haben sogar Cristiano Ronaldo – aber von ihren vier Spielen nur eines und das erst in der Verlängerung im Achtelfinale mit 1:0 gegen Kroatien gewonnen.
Trotzdem spielen beide Teams heute Abend (21 Uhr/ ARD) in Marseille im Viertelfinale gegeneinander – und sind damit nur noch zwei Siege vom Endspiel entfernt. „Wir wollen das Finale erreichen, das ist unser oberstes Ziel“, sagt Portugals Verteidiger Raphael Guerreiro forsch. Der 22-Jährige wird nach der EM zu Borussia Dortmund wechseln und dort nach jetzigem Stand Kollege der Polen Lukasz Piszczek und Jakub Blaszczykowski. Mit zwei Toren hat Blaszczykowski großen Anteil am Viertelfinal-Einzug.
Robert Lewandowski spielte früher auch für den BVB. Er entwickelte sich dort zu jenem Weltklasse-Stürmer, der er jetzt bei Bayern München ist. Und der genau deshalb die Frage aufwirft: Was ist los mit ihm bei der EM? Vier Spiele, null Tore, lautet seine bisherige Bilanz bei diesem Turnier. Und so ist man bei den Polen auch demonstrativ darauf bedacht, bei jeder sich bietenden Gelegenheit dem Mann mit dem „verstopften Torriecher“(„Kicker“) den Rücken zu stärken.
„Er ist unser Anführer und eine sehr wichtige Figur. Er zeigt in jedem Spiel, dass für ihn das Team zählt“, sagt Co-Trainer Bogdan Zajac. Rechtsverteidiger Pisczcek analysiert: „Er arbeitet sehr viel für die Mannschaft. Die Abwehrspieler unserer Gegner stürzen sich zu zweit oder zu dritt auf ihn. Wir hoffen, dass Robert nicht sauer ist, weil er in Frankreich bisher nicht trifft. Er wird sich weiter so reinhängen.“Lewandowski selbst sagte zuletzt etwas schmallippig: „Ich muss Geduld haben. Vielleicht werde ich dann belohnt.“
Genau davor haben die Portugiesen nämlich Respekt: vor der Unberechenbarkeit des Robert Lewandowski. Gleich nach dem Sieg gegen Kroatien kam Ricardo Carvalho aus der Kabine. Der 38-jährige Abwehrspieler war bereits beim EM-Finale 2004 dabei. Er hat in den vergangenen 15 Jahren gegen Thierry Henry, Miroslav Klose oder Lionel Messi gespielt und damit gegen jeden herausragenden Stürmer gleich mehrerer Generationen. Carvalho weiß also, wovon er redet, wenn er sagt: „Wir müssen auf die Polen aufpassen. Sie haben viele individuell starke Spieler, und sie haben vor allem: einen der besten Stürmer der Welt.“Und wenn der gerade nicht trifft oder außer Form ist? Carvalho lachte einmal kurz auf, als wolle er damit sagen: alles schon erlebt. Portugiesen immer entspannter Über die Portugiesen selbst waren gleich in den ersten anderthalb Turnierwochen die gewohnt wuchtigen Cristiano-Ronaldo-Debatten hereingebrochen. Dann hielt der Superstar sein Team höchstselbst mit zwei Toren und einer Vorlage gegen Ungarn in diesem Turnier. Die Portugiesen wirken in Frankreich umso entspannter, je weiter sie bei der EM kommen und je lauter die Kritik an ihren Leistungen wird. In der Vorrunde war noch die miserable Chancenverwertung das Problem. Nach dem Sieg gegen Kroatien hieß es dann, Ronaldo und Co. hätten fast schon so defensiv gespielt wie einst die Griechen bei ihrem EM-Triumph 2004.
Minimalismus? Schwache Spiele? Stürmer Nani kann damit jedenfalls nichts anfangen. Der 29-Jährige bestreitet mittlerweile auch schon sein fünftes großes Turnier und sagt: „Das Wichtigste ist, zu gewinnen. Und wenn wir das Finale erreichen sollten, dann wird auch jeder in irgendeiner Weise zufrieden sein.“