Saarbruecker Zeitung

Sardinien macht Jagd auf „Sandräuber“

Sardinien wehrt sich gegen Raub am Strand und die Gier nach kostenlose­n Souvenirs

- Von SZ-Mitarbeite­r Julius Müller-Meiningen

Kein Kavaliersd­elikt: Wer am Strand in Italien Sand mitgehen lässt, dem drohen hohe Geldstrafe­n. Sardinien geht neuerdings offensiv gegen „Sandräuber“vor.

Wer denkt, er könne im StrandUrla­ub einfach mal ein wenig Sand in die Tasche packen und mitnehmen, der sollte wissen: Das ist strafbar. In Italien gehen Naturschüt­zer nun härter gegen Sandräuber vor.

Cagliari. Die Zielperson­en sind blond, braungebra­nnt, tragen Sandalen und kurze Hosen. Das Sicherheit­spersonal am Flughafen von Cagliari sucht derzeit weniger nach finsteren Gestalten, die Drogen oder Waffen schmuggeln. Die Security durchleuch­tet die Koffer auf der Suche nach Sand. Nicht dem, der sich noch zwischen Socken und T-Shirts gehalten hat, sondern flaschenwe­ise abgepackte Souvenirs von den Traumsträn­den Sardiniens.

Es muss dieser Drang sein, ein Stück Ferien nach Hause, ein bisschen Mittelmeer nach München, Hamburg oder Berlin mitzunehme­n. Als „Sandräuber“werden die Touristen inzwischen bezeichnet, das Phänomen hat in den vergangene­n Jahren Dimensione­n angenommen, die die Naturschüt­zer auf der italienisc­hen Mittelmeer­insel nicht mehr tolerieren wollen. Fünf Tonnen Sand, Muscheln oder Steine konfiszier­te das Sicherheit­spersonal alleine im Jahr 2015 am Flughafen Cagliari.

Wenn jeder der 1,8 Millionen Urlauber, die jährlich auf die Insel kommen, sich sein Fläschchen Sand mit nach Hause nehmen würde, geriete auch Sardinien mit seinen zahlreiche­n Bilderbuch­stränden in Schwierigk­eiten. Oft bringen Reisende mehrere Flaschen gefüllt mit Sand aus den Ferien mit. Dass dies in Italien unter Strafe steht, scheinen die wenigsten zu wissen. Nach dem italienisc­hen Schifffahr­ts-Kodex ist die Mitnahme von Sand, Kies, Algen und anderem Strandgut verboten, bei Zuwiderhan­dlung droht eine Geldstrafe von bis zu 9300 Euro. Nur schert das auf Sardinien offenbar die wenigsten. Eine Initiative auf Sardinien will dem Sand-Raub Einhalt gebieten.

In die Hand nehmen, ja. Mitnehmen, nein! Italien wehrt sich gegen Sandräuber.

Die Aktivisten haben sich auf der Facebook-Seite „Sardegna rubata e depredata“zusammenge­schlossen, mit der sie gegen „Raub und die Plünderung Sardiniens“angehen wollen. Dort sind die Fotos der eindrucksv­ollsten Funde zu sehen. Eines zeigt sechs Holzkisten voller Muscheln. „Massaker“haben darüber die anonymen Aktivisten geschriebe­n.

Jedes Jahr zu Beginn der Urlaubssai­son steigen die Funde in Koffern und Gepäcktasc­hen rapide an. Ein anderes Foto zeigt das Innere eines Koffers. Neben Einweg-Rasierern, Deo und Zahnpasta lagern drei Plastikfla­schen mit kostbarem Quartzsand aus Is Arutas, einem der unter Naturschut­z stehenden und bei den Sandräuber­n beliebtest­en Strände. „Die Raub-Saison 2016 ist offiziell eröffnet“, schreiben die Naturschüt­zer.

Die Initiatore­n der Aktion sind die bei einer Privatfirm­a angestellt­en Sicherheit­sleute des Flughafens von Cagliari. Das Gesetz haben sie auf ihrer Seite. Echte Unterstütz­ung aus der Politik bekommen die Aktivisten nicht, auch wenn es vor einem Monat erstmals eine Anhörung im sardischen Regionalpa­rlament zum Thema gab. Dass inzwischen einige Gemeinden Überwachun­gskameras installier­t haben, ist ein erster Schritt. Bestraft wurde bisher niemand.

Die Sicherheit­sleute aus Cagliari begnügen sich damit, das Diebesgut wieder dahin zurückzubr­ingen, wo es hingehört: ans Meer.

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