Bewährungsstrafe für „Luxleaks“-Enthüller
Whistleblower deckten dubiose Steuersparmodelle auf
Zwei Enthüller von Luxemburger Steuerdeals sind im „Luxleaks“-Prozess zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Sie hatten tausende Dokumente veröffentlicht.
Die „Luxleaks“-Enthüller müssen nicht ins Gefängnis, werden aber dennoch bestraft. Nach dem Urteil des Luxemburger Bezirksgerichts gab es vor allem seitens der Politik viel Kritik: Die Enthüller hätten der Öffentlichkeit einen Dienst erwiesen.
Luxemburg. Im Prozess um die Enthüllungen im sogenannten „LuxLeaks“-Skandal sind zwei ehemalige Mitarbeiter der Unternehmensberatung PwC zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Die Angeklagten Antoine Deltour und Raphaël Halet erhielten gestern zwölf beziehungsweise neun Monate Haft auf Bewährung, weil sie zehntausende Dokumente über dubiose Steuerpraktiken multinationaler Konzerne in Luxemburg weitergegeben hatten. Der ebenfalls angeklagte Reporter Edouard Perrin wurde freigesprochen.
Das luxemburgische Gericht verurteilte die ehemaligen Mitarbeiter von PricewaterhouseCoopers (PwC) zudem zu Geldstrafen in Höhe von 1500 und 1000 Euro, die ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt wurden, wie Gerichtspräsident Marc Thill mitteilte. Die Staatsanwaltschaft hatte 18 Monate Haft für Deltour und Halet gefordert – die Verteidigung hingegen Freisprüche für alle drei Franzosen.
Die früheren Mitarbeiter von PwC hatten insgesamt fast 30 000 Dokumente entwendet, die enthüllen, wie Luxemburg Großkonzernen bei der Vermeidung von Steuerzahlungen in Milliardenhöhe half. Edouard Perrin Diese erlaubten es ihnen, ihre Abgaben im Großherzogtum auf teils ein Prozent zu drücken und damit in anderen Ländern Geld zu sparen. Zu den Konzernen gehörten unter anderem Apple, Ikea und Pepsi. Die PwC-Angestellten gaben die Dokumente dann an Perrin weiter. Der Journalist berichtete 2012 als erster über die dubiosen Praktiken, ohne dass dies großes Aufsehen erregte.
Erst die „LuxLeaks“Enthüllungen des internationalen Recherchenetzwerks ICIJ knapp zwei Jahre später sorgten europaweit für Wirbel. Verantworten mussten sich die Angeklagten nun unter anderem wegen Diebstahls und Verletzung von Geschäftsgeheimnissen und Verletzung des Berufsgeheimnisses. Während des Prozesses im April und im Mai hatte die Verteidigung hingegen argumentiert, die Angeklagten hätten
MEINUNG
Da sind jetzt drei Männer in Luxemburg verurteilt worden, die einen riesigen Skandal aufgedeckt haben. Allein, dass sie angeklagt und verurteilt worden sind, ist ein weiterer Skandal. Denn die Steuerbetrüger, die Großkonzerne, die jedes Jahr hunderte Milliarden Euro in Luxemburg verstecken und reinwaschen, gehen im Sinne des Allgemeinwohls gehandelt.
„Das ist eine Warnung an die Whistleblower“, sagte Deltour beim Verlassen des Gerichtssaals. Laut Halet habe das Gericht zwar grundsätzlich eingeräumt, es mit Hinweisgebern und nicht mit einfachen Kriminellen zu tun zu haben, sei aber dennoch zu einer Verurteilung gelangt. „Ich werde dagegen kämpfen, notfalls jahrelang und bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte“, ergänzte Halet.
Kritik kam auch von Politikern. „Das Urteil ist ein Skandal“, sagte der SPD -Europaabgeordnete Peter Simon. Wer auf einen offensichtlichen Missstand aufmerksam mache, werde „für eine Zivilcourage bestraft und an den Pranger gestellt“. „Dieser Mut hätte belohnt und nicht bestraft werden müssen“, erklärte der FDPEuropaabgeordnete Michael Theurer. Als „zutiefst bedauerlich“kritisierten die Grünen im EU-Parlament das Urteil. dpa