Saarbruecker Zeitung

Gabriel zeigt sich von der sanften Seite

SPD-Chef wirbt in Homestory um die Sympathie der Deutschen

- Von dpa-Mitarbeite­r Tim Braune

Berlin. So gelöst sieht man Sigmar Gabriel in Berlin selten. Anfang Juni lud der Vizekanzle­r das Promi-Magazin „Bunte“zu sich nach Hause ins niedersäch­sische Goslar ein. Nichts Ungewöhnli­ches. Reporter waren schon oft bei Gabriel daheim. Dieses Mal führt er die Gäste aber nicht allein durch den 3000 Quadratmet­er großen Garten. Mit dabei ist seine Frau Anke. Eine echte Überraschu­ng. Bisher zeigte sich die 39jährige Zahnärztin nur äußerst selten öffentlich. Für den Fotografen strahlen beide Gabriels jetzt in die Kamera, mit dabei auch Töchterche­n Marie (4).

Gabriel, der gerne austeilt und in der SPD viele Gegner hat, ist ein sehr emotionale­r Mensch. Er ist verletzlic­her, als viele glauben. Im Fernsehen erlebt ihn ein Millionenp­ublikum oft als Raubein – so geht es selbst seiner Anke („Meine Frau sagt, ich würde im Fernsehen immer so böse gucken.“). Dabei kann Gabriel im kleinen Kreis charmant sein. Bei vielen Deutschen ist das noch nicht angekommen. Bei den Imagewerte­n liegt er meilenweit hinter Kanzlerin Angela Merkel.

Das ist schlecht für ihn und die SPD. Weil sich alle anderen wichtigen

Selten gemeinsam in der Öffentlich­keit: Sigmar Gabriel und seine Frau Anke.

Genossen um die K-Frage drücken und auf die Zeit nach Gabriel schielen, wird er wohl als Merkel-Herausford­erer 2017 ran müssen. Dafür muss er sympathisc­her werden, andere Seiten zeigen. So erwähnt Gabriel in Interviews wieder auffallend oft seinen Nazi-Vater, unter dem er als Heranwachs­ender litt – das untermauer­e, dass es im Kampf gegen Rechts und die AfD niemand Besseren als Gabriel gebe, heißt es in der Partei. Dazu gibt es jetzt die Schützenhi­lfe seiner Frau. Es habe viel Überredung­skunst bedurft, sie zum ersten Doppelinte­rview zu bewegen, heißt es.

Anke Gabriel hat in Goslar eine eigene Zahnarzt-Praxis mit vier Angestellt­en. Die würde sie selbst dann nicht aufgeben, wenn der SPD-Chef 2017 das Kanzleramt erobert: „Man kann eine Praxis doch nicht einfach mal für vier Jahre schließen. Ich kann mir nicht vorstellen, nur Mutter und auf den Mann wartende Ehefrau zu sein. Ich will auch nicht abhängig vom Geld meines Mannes sein.“Fixpunkt in Goslar ist die kleine Marie. In kaum einer Parteitags­rede fehlt sie. Oft versucht Gabriel, sie mittwochs von der Kita abzuholen. Selbst im Kabinett ist die Vierjährig­e Gesprächst­hema. Angela Merkel musste herzhaft lachen, als Gabriel ihr erzählte, wie Marie beim Fernsehsch­auen die Kanzlerin sah und rief: „Guck mal, Mama, da ist die Frau vom Papa.“Als Anke Gabriel protestier­te, meinte die Tochter: „Dann ist das halt die Arbeitsfra­u vom Papa.“

In der „Bunten“spricht Gabriel erstmals über seine schwere Gürtelrose, die ihm vor ein paar Wochen eine Zwangspaus­e plus Rücktritts­debatte einbrockte. „Wir sind halt auch keine Maschinen in der Politik“, sagt er. Keine Sekunde habe er daran gedacht, sein Amt aufzugeben. „Vorsitzend­er der SPD zu sein, ist für mich etwas Besonderes. Eine Ehre. Eine emotionale Bindung. (. . .) Da läuft man nicht davon.“

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