Atemberaubend virtuos
„Eyes On The Lines“von Steve Gunn – Der Gitarrist zaubert einen wunderbaren, ausufernden Soundfluss
Zu den überraschendsten, bezauberndsten und auch nachhaltigsten Alben des Jahres 2014 zählte gewiss „Way Out Weather“von Steve
Ein Berg von Meeres-Müll „zierte“das Cover dieses psychedelischen Wunderwerkes. Für „Eyes
(Matador/ Beggars/Indigo) ist es ein ausgeblichener, spröder Fußball, der von Pflanzen umrankt wird. Was wohl ein Synonym für unsere überstrapazierte Erde sein soll, und perfekt zum umweltpolitischen Sendungsbewusstsein des Künstlers passen würde. Handelte der Vorgänger insbesondere vom drohenden Klima-Kollaps, weist dieses neue Album den Weg in eine zwar ungewisse, aber nicht aussichtslose Zukunft, appelliert an Kreativität und will Mut machen für eine Reise ins Unbekannte. Und wenn’s am Ende dann trotzdem nicht reicht, bleibt ja noch die „Ark“(= Arche, so der Titel des letzten Stückes).
Mutige Menschen, die sich längst diesbezüglich auf den Weg gemacht haben und großartige, Scheuklappen freie Musik zu schätzen wissen, denen werden auch die neun Songs von „Eyes On The Line“verlässliche, inspirierende, auch freudvolle Begleiter sein. Denn zuvorderst ist der Mann aus Brooklyn, New York ein begnadeter Musiker, der seine atemberaubend filigrane Virtuosität auf den sechs Saiten elektrischer und akustischer Gitarren in einen wunderbaren Soundfluss einspeist. Das Lautmalerische, Steve Gunn spielt sein Können als echter Saiten-Hexer voll aus.
das Ausufernde geht ihm dabei deutlich vor das Setzen fokussierender Riffs oder Refrains. Sein Spiel – und natürlich auch das seiner kongenialen Begleiter – hat den Charakter einer Jam-Session im Stile der Spätsechziger- und Siebzigerjahre. West Coast Psychedelica/Hippie-Flair/ Grateful Dead erfahren dabei eine beglückende Huldigung. Man starte den Reigen gerne mit den Tracks acht und neun. Denn „Park Bench Smile“gehorcht noch am
ehesten den Tugenden des klassischen LiedFormates: Es entfaltet eine vergleichsweise leichtgängige, gleichwohl magische Melodie. Die RhythmusSektion poltert zudem ausgesprochen stimulierend und erst gegen Ende gleitet das Juwel – passend zum Album-Motto – ins Ungefähre. Gleiches gilt für das sanftmütige, unfassbar gelassene „Ark“. Dass es auch hier vergebliche Mühe ist den Song letztgültig fassen zu wollen, führt einmal mehr das Finale
so genüsslich wie Augen zwinkernd vor.
Der Mann ist halt ein extrem fein- und eigensinniger Freigeist. Bleiben weitere sieben Stücke, denen neben dem Engagement für eine intakte Umwelt der freie Soundfluss, das Wirbeln und Rotieren, das mustergültige Teamplay sowie das verspielte Arrangement vorrangige Herzensangelegenheiten sind. Und so darf der affine Hörer nicht nur die Hoffnung auf eine bessere Welt hegen, sondern auch auf ein weiteres begeisterndes Gastspiel von Steve Gunn in Saarbrückens Sparte 4!