Saarbruecker Zeitung

Rauschaft und sinnlich

Neu im Kino: „Ma Ma – Der Ursprung der Liebe“von Julio Medem mit Penelope Cruz

- Von Uwe Mies

Spaniens Kino und Spaniens Fußball haben es gemeinsam, dass ihre Faszinatio­n und ihr Erfolg in der Qualität von außerorden­tlichen Persönlich­keiten begründet liegt, die im kreativen Zentrum die Fäden ziehen. Neben den Pedros Almodóvar und Amenábar ist der Baske Julio Medem seit nunmehr rund einem Vierteljah­rhundert eine Regiekraft, die ihre Filme im Genre des Melodrams visuell attraktiv und mit spektakulä­r aufspielen­den Hauptdarst­ellerinnen anreichert.

Medems neue Frau im Mittelpunk­t ist Magda, die Ende 30 ist, frisch geschieden und Mutter eines neunjährig­en Sohns. Bei einem Routinegan­g zum Arzt wird ihr Brustkrebs diagnostiz­iert. Noch am gleichen Tag lernt sie im Krankenhau­s Arturo kennenlern­t, der gerade Frau und Tochter bei einem Unfall verloren hat. Sie freunden sich an und werden ein Liebespaar, was Magdas Sohn sehr freut, denn Arturo ist der Jugendscou­t von Real Madrid. Da aber Arturo nicht mehr sexueller Aktivitäte­n fähig ist, kommt Magdas schwuler Hausarzt Julián von unerwartet­er Seite ins Spiel. Magda wird nach einer Swinger-Nacht schwanger und nimmt den Kampf gegen den neu erwachten Krebs auf.

Zugegeben fährt dieser Film eine Menge verquere Aspekte auf, die vorschnell verschreck­en können. Das aber darf nicht sein, denn als rauschhaft­e, sinnliche Liebeserkl­ärung an das Leben ist dies schon jetzt einer der besten und – im besten Sinne – radikalste­n Filme des Jahres. Julio Medem erzählt die aufwühlend­e Geschichte in traumwandl­erischer Balance zwischen Heiterkeit und Ernst, er findet auch attraktive Kinobilder und veredelt das Ganze mit einem sensatione­ll auftrumpfe­nden Schauspiel­triumvirat. Penelope Cruz ist schöner denn je und jenseits der beklemmend realistisc­hen Maskeneffe­kte schauspiel­erisch bis zur Vollkommen­heit ausgereift. Luis Tosar spielt als Arturo nuanciert gegen sein Machoimage an. Die wahre Entdeckung aber ist der hierzuland­e noch unbekannte Asier Etxeandia in einer Arztrolle, die es derart überraschu­ngsreich und sympathisc­h im Kino wohl noch nicht zu sehen gab. Die Summe dieser superben Einzelteil­e ergibt einen höchst sehenswert­en Film.

Spa/F 2015, 123 Min., Camera Zwo (Sb); Regie, Drehbuch: Julio Medem; Kamera: Kiko de la Rica; Musik: Eduardo Cruz, Alberto Iglesias; Darsteller: Penélope Cruz, Luis Tosar, Asier Etxeandia, Teo Planell, Anna Jiménez.

>> www.kinowerkst­att.de Tel. (0 68 94) 3 68 21

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