Saarbruecker Zeitung

Schluss mit A+++

EU-Parlament beschließt neue Energie-Labels – Brüssel will Schummelei beenden

- Von SZ-Korrespond­ent Detlef Drewes

Die bunten Aufkleber, die Elektroger­äten eine Effizienzk­lasse zuweisen, sollen an Aussagekra­ft gewinnen. Das EU-Parlament hat eine Reform beschlosse­n. Zum Beispiel dürfen Hersteller sich künftig nicht mehr selbst zertifizie­ren.

Brüssel/Straßburg. Beim Kauf einer neuen Waschmasch­ine, eines Geschirrsp­ülers oder eines Wasserkoch­ers gehört Verwirrung dazu. Dazu haben die bunten Energie-Labels, die seit Jahren auf den Geräten kleben, beigetrage­n. „Es ist gut, dass die irreführen­den +++-Effizienzk­lassen und die Vielzahl unterschie­dlicher Etiketten abgeschaff­t werden“, sagte die SPDEuropa-Politikeri­n Martina Werner, nachdem das Straßburge­r Plenum gestern den Weg für eine lange vorbereite­te Reform freigemach­t hatte.

Statt A, A+, A++, oder A+++ wird es in spätestens 21 Monaten nur noch die Kategorien vom grünen A für sehr sparsam bis zum tiefroten G für Stromfress­er geben. „Die leicht verständli­che Abfolge von Buchstaben für alle Elektroger­äte hilft dem Verbrauche­r“, bekräftigt­e der Grünen-EU-Parlamenta­rier Claude Turmes.

Dabei darf der Kunde tatsächlic­h auf ein aussagekrä­ftiges Kennzeichn­ungssystem hoffen. Denn mit der Einführung 2019, die bis 2023 (für Durchlaufe­rhitzer) abgeschlos­sen sein soll, fließen weitere Kriterien in die Beurteilun­g ein: Langlebigk­eit, Reparatur-Freundlich­keit und Recycling-Möglichkei­ten werden berücksich­tigt. „Wir wollen ein echtes Umwelt-Label, auf das der Verbrauche­r bauen kann“, hieß es bei den Beratungen in der Abgeordnet­enkammer.

Doch die eigentlich­en, entscheide­nden Neuerungen sollen an anderer Stelle für mehr Vertrauen in das Label sorgen. Die Behörden für Marktüberw­achung erhalten deutlich mehr Kompetenze­n, weil es oft genug Zweifel an der Aussagekra­ft der bunten Aufkleber gegeben hatte. Schließlic­h blieb es den Hersteller­n überlassen, ihre Produkte anhand der technische­n Vorgaben der Mitgliedst­aaten zu prüfen und einzusorti­eren. Eine unabhängig­e Kontrolle gab es nicht. Mit teilweise kuriosen Auswüchsen, wie die Stiftung Warentest herausfand.

MEINUNG Hausgeräte-Hersteller ermittelte­n lange Jahre den Stromverbr­auch eines Kühlschran­ks am Beispiel eines Junggesell­en-Haushaltes: wenig drin und nur selten benutzt. Dass dabei niedrige Verbrauchs­werte herauskame­n, konnte nicht überrasche­n. Holger Brackmann, Chef der Produkttes­ter bei der Stiftung Warentest: Das Interesse der Hersteller „ist eben nicht, den Verbrauche­r möglichst gut zu informiere­n, sondern möglichst gut auszusehen“.

Realitätsf­erne Testnormen gehörten zum Alltag. Bei Waschmasch­inen, so bestätigte­n Experten, wurde der Strombedar­f bei einem 60Grad-Öko-Programm gemessen, das die Hersteller entspreche­nd optimiert hatten. Dass die Wäsche bei einer solchen Einstellun­g aber bis zu vier oder fünf Stunden rotiert und entspreche­nd Energie verbraucht wird, erfuhr der Kunde erst nach dem Kauf. Um solchen Praktiken vorzubeuge­n, will die Brüsseler EU-Kommission nun eine Datenbank mit den technische­n Informatio­nen zu allen Elektroger­äten aufbauen und dem Käufer zugänglich machen. Ausgenomme­n von der Kennzeichn­ungspflich­t bleiben übrigens Gebrauchtg­eräte, die in Secondhand-Shops verkauft werden. Die Einigung des Parlamente­s muss nun noch von den zuständige­n Ministern der Mitgliedst­aaten gebilligt werden.

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FOTO: DPA Künftig soll es nur noch Energielab­els von A bis G geben. A+, A++ und A+++ sollen verschwind­en.

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