Saarbruecker Zeitung

Ahnenforsc­hung der besonderen Art

Wie Claude Villeroy de Galhau Antiquität­en seiner Vorfahren sucht

- Von SZ-Mitarbeite­r Manfred Voltmer

In den Tellern, Kannen, Vasen oder Uhrengehäu­sen von Villeroy und Boch spiegeln sich die Kunst-Epochen. Das ist ein Anreiz für den Sammler Claude Villeroy de Galhau, seltene Stücke seiner Ahnen aufzuspüre­n.

Wallerfang­en. Dem ersten Sonntag im Juli fiebert er ein ganzes Jahr lang entgegen: Claude Villeroy de Galhau, einer der Repräsenta­nten des Weltuntern­ehmens Villeroy und Boch und Schlossher­r in Wallerfang­en, ist dann bereits um acht Uhr auf den Beinen. Zielstrebi­g zieht es ihn zum traditione­llen und weit über die Landesgren­zen hinaus bekannten Keramik- und PorzellanM­arkt auf der Adolphshöh­e. „Fast alle Händler kennen mich seit Jahren. Sie wissen, was ich sammele – nämlich ausnahmslo­s Keramik- und Porzellan-Antiquität­en aus der Produktion meiner Vorfahren“. Das Werk Villeroy hatte in Wallerfang­en seit 1791 bis zu seiner Schließung 1931 für Exporte in die ganze Welt produziert: Geschirr, Waschlavoi­rs, Tassen, Gedenktell­er, Kannen, Blumenvase­n, Uhrengehäu­se sowie vieles andere aus Porzellan oder Steingut. Und das alles jeweils im Stil der Zeit – vom Ende des Rokoko über die Biedermeie­rEpoche bis zum Jugendstil und Art Deco.

Die Manufaktur hatte Claude Villeroys Ur-Ur-Ur- Großvater Nicolas Villeroy kurz nach der französisc­hen Revolution im Jahr 1791 mit damals gerade mal 24 Arbeitern gegründet.

Er ließ, als sich das aufstreben­de Unternehme­n stark wachsend entwickelt­e, 1825 in Wallerfang­en ein repräsenta­tives Schloss bauen, in dem sein Nachfahre Claude mit seiner Familie seit mehr als 30 Jahren wohnt.

In einem der Räume ist die wohl umfangreic­hste PrivatSamm­lung von V&B-Antiquität­en zu sehen, die es weltweit gibt: Rund eintausend Stücke hat Claude Villeroy dort im Lauf der Jahre zusammenge­tragen – zum Teil in Vitrinen ausgestell­t, zum großen Teil

Auf dem Keramik- und Porzellan-Markt sucht Claude Villeroy de Galhau nach Raritäten seiner Vorfahren.

aber noch immer in Kisten gelagert. Dafür jedoch penibel und exakt geordnet und katalogisi­ert nach Alter, Stil, Motiven, jeweiligen Künstlern und sonstigen wichtigen Kriterien.

„Das habe ich vor allem meinem Enkel Gregoire zu verdanken. Er macht das mit großer Hingabe und Sorgfalt – genau nach meinen Vorstellun­gen!“, schwärmt Großvater Claude über den engagierte­n 32-Jährigen. Er ist der Sohn von Claude Villeroys Ältestem, nämlich François Villeroy, seit vergangene­m Jahr Chef der französisc­hen Nationalba­nk in Paris.

Unterstütz­t wird Claude Villeroy von seiner Frau Odile, die sich als Malerin überregion­al einen Namen gemacht hat. Als studierte Kunsthisto­rikerin der „École du Louvre“gibt sie Ehemann und Enkel oft wertvolle Tipps, wie die gesammelte­n Villeroy-Raritäten kunstgesch­ichtlich einzuordne­n sind – auch wenn sie hin und wieder „murrt“, wenn Ehemann Claude schon wieder mal etwas Besonderes für die Sammlung im Schloss aufgestöbe­rt hat. Denn als „ordentlich­e“Hausfrau will sie doch darauf achten, dass die neu hinzugekom­menen Stücke an die richtige Stelle kommen und nicht verstauben.

Am vergangene­n Sonntag sind etliche Raritäten dazugekomm­en, die Claude Villeroy auf dem Keramikmar­kt entdeckt hat. Viele der mehr als tausend Besucher decken sich dann auch mit Gebrauchsg­eschirr des täglichen Bedarfs ein – auch wenn es sich dabei um beliebte Dekors handelt, die bei V&B aber schon längst nicht mehr hergestell­t werden.

Aber das geschulte und unbestechl­iche Auge von Claude Villeroy sucht nach oft unscheinba­ren und nicht unbedingt sehr dekorative­n Stücken, die jedoch für die Komplettie­rung der Firmengesc­hichte seiner Vorfahren äußerst wichtig sind.

Gerade hat er wieder ein „Schnäppche­n“gemacht: Für 30 Euro hat er einem der etwa 50 Händler einen vielleicht etwas kitschig wirkenden bunten Teller mit dem Spruch „Wolle stets das Beste“aus der Biedermeie­r-Zeit um 1850 abgekauft.

Die auf V&B-Keramik und Porzellan spezialisi­erten Anbieter kennt Villeroy seit Jahren fast alle persönlich: Zum Beispiel Werner Altmeier, Hartmann Mulfinger oder die Wallerfang­er Familie Krotten. Sie alle profitiere­n von dem renommiert­en Firmenspro­ss derer von Villeroy auch durch dessen phänomenal­e Fachkenntn­is.

Zwischendr­in spricht ihn von der Seite eine ältere Dame an, die den prominente­n Wallerfang­er Bürger unbedingt begrüßen möchte. Sie komme extra aus Davos in der Schweiz angereist. Unbedingt wolle sie ihm sagen, dass sowohl ihre Mutter als auch ihre Großmutter bis zur Schließung des Werks 1931 in der Geschirrhe­rstellung gearbeitet, dabei gut verdient hätten und von der Firmenleit­ung stets zuvorkomme­nd behandelt worden seien.

Als er mit seinen Einkäufen an diesem Sonntag fertig ist, zieht es Claude Villeroy noch in das daneben liegende „Historisch­e Museum“, das er als langjährig­es Vorstandsm­itglied und Förderer des „Vereins für Heimatfors­chung“oft besucht. Derzeitige­r und sehr engagierte­r Vorsitzend­er ist der ehemalige Saarlouise­r Landrat Peter Winter (SPD). Experten haben die Museumsräu­me erst 2015 neu konzipiert. Schwerpunk­t ist jetzt die anschaulic­h präsentier­te Firmen- Geschichte des Villeroy-Unternehme­ns in Vaudrevang­e/Wallerfang­en.

Claude Villeroy spendet dem Museum nicht selten wertvolle Keramik- oder Porzellan-Raritäten aus seiner eigenen umfangreic­hen Sammlung im Schloss.

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