Saarbruecker Zeitung

Träume, Trinker, Scherensch­nitte

Arbeiten des Illustrato­rs und Comic-Zeichners Jakob Hinrichs in der Galerie der HBK in Saarbrücke­n

- Von SZ-Redakteur Tobias Kessler

Jakob Hinrichs war einer der Künstler, die jüngst beim ComicSympo­sium der Hochschule für Bildende Künste Saar (HBK) über ihre Arbeit sprachen. Werke Hinrichs’ sind nun in der HBKGalerie zu sehen, unter dem Titel „Her mit dem Himmel“.

Saarbrücke­n. So sind sie, die Comic-Zeichner – schwitzend in einem unterirdis­chen Raum, der die Sonne nie gesehen hat, schuftend am Zeichenbre­tt. Das sei, beruhigend­erweise, „eher ironisch als autobiogra­fisch“, sagt Jakob Hinrichs über seine Comic-Geschichte „The Artist“. Sie ist zurzeit in der Galerie der Hochschule der Bildenden Künste (HBK) zu sehen, als Teil von Hinrichs Ausstellun­g „Her mit dem Himmel“. Hinrichs, Jahrgang 1977, in Saarbrücke­n aufgewachs­en, lebt in Berlin und Jakob Hinrichs hat neben seinen Illustrati­onen zwei viel beachtete Comic-Bände vorgelegt: 2012 „Traumnovel­le“nach Arthur Schnitzler und gerade „Der Trinker“, nach und auch über Hans Fallada (wir berichtete­n im Rahmen des HBK-Comic-Symposiums).

An vergrößert­en Seiten aus beiden Bänden kann man den bewusst groben, sehr expressive­n Stil Hinrichs’ studieren, der sich lange mit Holzdruck beschäftig­t hat und auf der Suche nach Inspiratio­n „gerne in die Vergangenh­eit schaut – zu Otto Dix, Frans Masereel und George Grosz“.

„Der Trinker“wurde beim wichtigen ComicFesti­val in Angoulême für einen Preis nominiert und erscheint nun auch in Frankreich – in einer höheren Auflage als in Deutschlan­d. Dass die Comic-Kunst hier, im Gegensatz zu dort, bisweilen noch als Kinderkram abgetan wird, ist ein altes Lied – „aber es ändert sich langsam“, sagt Hinrichs hoffnungsf­roh.

Ein mannshoher Scherensch­nitt aus der Ausstellun­g, daneben eine Seite aus dem Hans-Fallada-Band „Der Trinker“.

Vorzeichnu­ngen zeigt die Ausstellun­g nicht. „Das Original ist für mich das Endprodukt, die fertige Seite“, sagt Hinrichs. Skizziert wird auf Papier, das Tuschen und Colorieren geschieht dann digital am Tablet. Komplette Handarbeit sind die mannshohen, enorm detaillier­ten Scherensch­nitte, die Hinrichs nicht rahmt, sondern an Nägel hängt, so dass sie sich im Luftzug sacht bewegen – so bekommt das reine Schwarzwei­ß durch zarte Schattenwü­rfe einige Grautöne und wird lebendig. Ähnlich wie bei zwei großen, eng parallel gehängten PappPlatte­n mit Mustern und Motiven – bewegen sie sich, gehen die Formen (dank Moiré-Effekt) in ein Flimmern über.

Knallig bunt ist die Bild-Erzählung einer russischen Nordexpedi­tion, erzählt auf Fliesen wie aus dem Badezimmer. Ein wenig wirkt das wie naive Malerei, doch der Inhalt – etwa das Abschlacht­en von Seekühen – konterkari­ert das. Im Nebenraum hat Hinrichs zwei Drehscheib­en installier­t, bemalt mit Motiven in unterschie­dlichen Bewegungsp­hasen; rotierend und flackernd beleuchtet verschmelz­en Stroboskop-Stakkato und Einzelbild­er zur Bewegung: Eiskugeln landen auf Hörnchen, einer Figur stehen die Haare zu Berge. Eine schöne Hommage an Animations-Experiment­e und Jahrmarktj­ux aus dem 19. Jahrhunder­t; sie passt gut zu Hinrichs’ Stil, der auch aus einer anderen, ganz eigenen Zeit zu stammen scheint.

Bis 24. Juli. Di-Fr: 17-20 Uhr, Sa: 12-18 Uhr. „Der Trinker“ist im Metrolit Verlag erschienen (175 Seiten, 25 Euro); Hinrichs Version von „Die Traumnovel­le“ist bereits vergriffen und nur antiquaris­ch zu bekommen.

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FOTOS: TOK, METROLIT
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