Wo Sarah die besten Ideen hat
Beim SOS-Kinderdorf Saarbrücken starten Tausende junge Leute ins Berufsleben durch
Nicht jeder Weg durch die Kindheit und in den Beruf führt schnurgerade nach oben. Wo Hindernisse sind und Wegweiser fehlen, hilft das SOS-Kinderdorf Saarbrücken. Dort ist morgen Doppel-Jubiläum.
Saarbrücken. Kevin Reis streicht inmitten des Kommens und Gehens sorgfältig den Zaun. Kein Zweifel: Bis die Gäste kommen, ist auf dem kleinen Festplatz alles wie neu. Nicht nur der Zaun.
Das Haus Seilerstraße 6, Herzstück des SOS-Kinderdorfs Saarbrücken, vibriert. In Lehrküche und Ausbildungsrestaurant ist gegen Mittag sowieso viel los. Aber drei Tage vor dem Fest ist überall die Tatkraft der Menschen mit Händen zu greifen. 40 Jahre Jugendhilfe und 30 Jahre Jugendberufshilfe feiert das SOS-Kinderdorf Saarbrücken an diesem Freitag (siehe Infokasten). Männer schleppen die Teile fürs große Zelt herbei. Aus Stahl und Planen entsteht binnen weniger Stunden das Zelt, Mittelpunkt des Doppeljubiläums. Was die SOS-Leute seit den ersten Jugendwohngruppen am Deutschherrnpfad aufbauten, ausbauten und der sich wandelnden Gesellschaft anpassten, wuchs über vier Jahrzehnte. An das große Haus in der Seilerstraße war 1975 noch nicht einmal zu denken.
Vom Lärm aus dem Hof sickert durch die Fenster im dritten Stock nur wenig in Albrecht Scherers Chefbüro. Bei ihm sitzen Sarah Rester, Didier Dufetumukiza und Carlo Cannarozzo. Das sind drei junge Leute um die 20, die etwas erreichen wollen. Deswegen nehmen sie Hilfe an, wo ihnen Hindernisse den Weg in Ausbildung und Beruf versperren. Scherer, seit 16 Jahren dabei, Helga Kugler, die seit 23 Jahren im Team ist, und weitere rund 120 Mitarbeiter haben ein Gespür für die Fähigkeiten der jungen Leute.
Sie wissen, wie Sarah Resters Kreativität in vielen Facetten funkelt, wenn sie ihre Schüchternheit abgelegt hat. In der Jubiläumsbroschüre scheint ihr Können auf. Oft lebt Sarah mit Pinsel und Farbe ihre Freude an Formen im großen MalerRaum des Zentrums aus.
Der selbstbewusste Didier hat dank der Hilfe aus der Seilerstraße Ziele gefunden. Sportökonomie will er studieren, wenn er mit Hilfe von Helga Kugler den Weg dahin abgesteckt und zurückgelegt hat.
Carlo Cannarozzo schwärmt von seinem Traumberuf. Koch möchte er werden. Carlo kann es kaum erwarten, sich in einer Lehre mit allem Drum und Dran an der Seite erfahrener Meister zum Küchenprofi zu entwickeln, wie es sie als Ausbilder in der Seilerstraße gibt.
Nicht nur im Nauwieser Viertel arbeitet das SOS Kinderdorf Saarbrücken. Teammitglieder sind auch dort, wo junge Leute, die einfach nicht den Sprung ins Berufsleben schaffen, sogar auf der Straße leben.
Die SOS-Helfer greifen mit Experten vom Jobcenter in einen großen „Werkzeugkasten“, um das passende Förderangebot für den jeweiligen jungen Menschen zu finden.
Viele müssen nach Jahrzehnten, in denen sie niemand so richtig förderte und forderte, erst mal ein Gerüst in ihre Tage ziehen, pünktlich aufstehen, in die Gänge kommen, sich fit für eine Ausbildung machen.
Wer noch nicht so weit ist, fasst in der Ergotherapie neues Selbstvertrauen. Ob er nun Seifenkisten für das Nauwieser Fest baut oder Körbe flicht. Das nächste Ziel ist die Lehre, sei es in Betrieben aus der Region oder im Kinderdorf selbst.
Ausbildungen bietet es in Hauswirtschaft, Küche, Gastronomie und Büromanagement. Rund 500 Menschen vom Kind bis zum Erwachsenen nutzen die Angebote des SOS Kinderdorfs Saarbrücken inzwischen. Vergleichbar große Angebote gibt es nur noch in vier weiteren bundesdeutschen Städten, zum Beispiel in Berlin.
Mitarbeiter wie Helga Kugler behalten trotz dieser Größe die Einzelschicksale im Blick. Die Freude über jeden, der sich seinen Platz im Leben erobert hat und dann mal wieder stolz in die Seilerstraße kommt, lässt ihre Augen leuchten.