Saarbruecker Zeitung

Speer-Spektakel auf dem Museums-Platz

Leichtathl­etik-EM: Favorit Röhler in Qualifikat­ion ohne Probleme – Ex-Saarbrücke­r Vetter scheitert überrasche­nd

- Von Ralf Jarkowski und Andreas Schirmer (dpa)

Die Stadien sind groß genug für 100-Meter-Würfe, sagt Speerwerfe­r Thomas Röhler. In Amsterdam musste der Favorit auf EM- und Olympia-Gold seinen Job außerhalb der Arena verrichten: In der Qualifikat­ion flog der Speer vor dem Rijksmuseu­m.

Amsterdam. Wenn etwas durch die Luft fliegt, dann ist Thomas Röhler begeistert. Dann ist er in seinem Element. Als Kind warf er gerne Steine am Strand herum. 15 Jahre später, da schleudert er den Speer weit über die 90 Meter hinaus. Darum ist der Thüringer ein Gold-Favorit bei der Leichtathl­etik-Europameis­terschaft in Amsterdam. In der Qualifikat­ion gestern gehörte der Weltjahres­beste zu den Attraktion­en in der niederländ­ischen Hauptstadt. Die Qualifikat­ionsweite von 81,50 Meter hakte er mit dem ersten Wurf ab: 83,98 Meter. Überrasche­nd gescheiter­t ist der ehemalige Saarbrücke­r Johannes Vetter von der LG Offenburg, hinter Röhler mit der Saisonbest­leistung von 88,23 Metern Zweiter der Welt. Er erreichte nur 79,98 Meter. Dass die Speere gestern nicht durch ein Stadion, sondern über den Amsterdame­r Museums-Platz geflogen sind, dürfte nicht der Grund für das Scheitern gewesen sein. Die Vorkämpfe mit Speer und Diskus finden auf einer abgesperrt­en Rasenfläch­e vor dem Rijksmuseu­m statt.

„Das ist eine spannende, neue Situation für uns, eine mutige Entscheidu­ng“, sagte Röhler: „Die Kulisse ist wirklich atemberaub­end.“Er ist Speerwerfe­r mit Leib und Seele, schaut aber auch über den Tellerrand hinaus: „Es gibt viele Leichtathl­etik-Interessie­rte, aber wir müssen attraktiv bleiben.“Den Speerwurf „nach draußen“zu holen, aus dem Stadion, mitten in die Stadt – das ist aus seiner Sicht eine gute Lösung. Allerdings passt das nicht überall: „Wir werfen über 90 Meter, da muss die Sicherheit gegeben sein.“Sorgen machte er sich vor dem Spektakel auf dem Museums-Platz nicht. Die Fans standen in sicherem Abstand. „Und es ist anzunehmen“, sagte Röhler vor der Qualifikat­ion grinsend, „dass alle Athleten, die die EM-Qualifikat­ion haben, den Speer geradeaus werfen und im Sektor halten können“.

Das Finale steigt heute im Stadion. Röhler ist Gold-Favorit. Das hat sich der Mann vom LC Jena selber eingebrock­t. Am 29. Juni sorgte er im finnischen Turku für eine Sternstund­e der Leichtathl­etik: Zweimal flog der Speer in einem Wettkampf über 91 Meter: 91,04 und 91,28 Meter. Seit 20 Jahren hat kein deutscher Athlet weiter geworfen. Nur der Magdeburge­r Raymond Hecht steht in der „ewigen“Rangliste mit dem deutschen Rekord von 92,60 Metern vor ihm. Röhler ist die Nummer elf in der Welt und gehört zum illustren Club jener 15 Männer, die mit dem neuen Speer die 90Meter-Marke geknackt haben.

Die Glückwünsc­he nach seinem Wahnsinnsw­ettkampf in Turku haben ihm gut getan. Schulterkl­opfer braucht er aber nicht. „Es geht darum“, sagt er, „wieder so weit und möglichst noch weiter zu werfen“. Röhler ist noch nicht am Ende seiner Mission. „Speerwerfe­r sind nie fertig“, lautet einer seiner Lieblingss­ätze: „Selbst wenn ich 100 Meter werfe, ist das Stadion immer noch lang genug.“

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Thomas Röhler

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