Saarbruecker Zeitung

Getrieben und aufgespieß­t

Im spanischen Pamplona beginnt das Stier-Spektakel „San Fermín“– Aktivisten protestier­en gegen Tierquäler­ei

- Von SZ-Mitarbeite­r Ralph Schulze

Wie jedes Jahr werden in der Hauptstadt der spanischen Region Navarra von heute an wieder Stiere durch die Stadt getrieben und anschließe­nd getötet. Zum Auftakt des Volksfeste­s gab es heftige Proteste.

Pamplona. Spaniens verrücktes­tes Stier-Spektakel, das umstritten­e San-Fermín-Fest, startet heute mit dem Bullentrei­ben durch die Altstadt Pamplonas. Mehrere tausend Menschen werden morgens vor den Hörnern von sechs Kampfstier­en durch die engen Gassen um ihr Leben rennen. Jedes Jahr gibt es bei diesen Stiertreib­en, die acht Tage lang auf einer abgesperrt­en Strecke von 875 Metern stattfinde­n, viele Verletzte und manchmal auch Tote. Am Abend werden die Stiere in der Arena von Toreros getötet. Im vergangene­n Jahr wurden laut Rotem Kreuz mehr als 500 Menschen bei dem Fest zu Ehren des Stadtheili­gen San Fermín verletzt. Zehn Läufer wurden von den bis zu 80 Zentimeter langen Hörnern aufgespieß­t, überlebten aber. Die meisten Verletzten kommen mit leichteren Verletzung­en wie blauen Flecken, Knochenbrü­chen, Platzwunde­n oder Prellungen davon.

Seit 1924, als Chronisten begannen, die Zahl der Opfer zu dokumentie­ren, wurden während der Stiertreib­en allein in Pamplona mindestens 15 Menschen getötet. Die jahrhunder­tealte Tradition der Stierhatz wird in tausenden spanischen Dörfern gepflegt. Allein im Jahr 2015 wurden dabei im ganzen Land mindestens zwölf Menschen von Stieren tödlich verletzt.

Mit einer Feuerwerks­rakete, die vom Rathausbal­kon in den Himmel stieg, wurde am gestrigen Mittwoch das umstritten­e Volksfest eröffnet. „Es lebe San Fermín“, riefen zehntausen­de von Menschen, die sich auf dem Rathauspla­tz versammelt hatten. Sobald die Böllerrake­te („chupinazo“) mit einem lauten Knall explodiert, knoten sich die Menschen rote Tücher um den Hals. Die Halstücher schmücken die traditione­lle weiße Kleidung der „mozos“, wie die Anhänger des „SanFermín“-Festes heißen. Am Vortag hatten vorm Rathaus noch Tierschütz­er aus ganz Europa unter dem Motto „Pamplona badet im Blut“gegen die „Folter der Stiere“protestier­t. „Die Kultur hört da auf, wo Grausamkei­t beginnt“, sagte Martina Szyszka, deutsche Sprecherin der internatio­nalen

MEINUNG Plattform La Tortura No Es Cultura (Tierquäler­ei ist keine Kultur). Die Plattform hat ein Video unter dem Titel „Das Blut rennt mit dir“veröffentl­icht, in dem zu sehen ist, wie die Bullen in der Arena qualvoll umkommen. Aída Gascón von der spanischen Anti-Stierkampf-Bewegung Anima Naturalis wies darauf hin, dass in Spanien immer mehr Regionen Stierkämpf­e verbieten. Auf den Kanaren, in Katalonien und auf Mallorca dürfen keine „corridas“mehr stattfinde­n. Das EU-Parlament habe zudem die Kommission aufgeforde­rt, die millionens­chweren Subvention­en für die Kampfstier­zucht zu streichen.

Die Proteste bleiben auch in Pamplona nicht ohne Eindruck: Bürgermeis­ter Joseba Asiron räumte nun ein, dass die Stadt „früher oder später“darüber debattiere­n müsse, ob es im 21. Jahrhunder­t noch angemessen sei, „ein Fest zu organisier­en, in dem Lebewesen leiden“.

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FOTO: AFP „Pamplona badet im Blut“: Mit Kunstblut verschmier­te Aktivisten prangerten gestern in Pamplona das brutale Stiertreib­en an.

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