Die Normalbürgerhelden
Neu im Kino: „Verräter wie wir“von Susanna White mit Ewan McGregor, Naomie Harris und Damian Lewis
Was für eine Erkenntnis nach 90 Minuten Film: „Das Glück finden wir immer bei den Menschen, die wir lieben.“Bis es so weit ist, müssen Anna und Sam Irrungen und Wirrungen durchleiden, und die Zuschauer leiden kräftig mit. Vom hippen Berlin ist das Veganer-Paar aufs Land gezogen und stellt schockiert fest, dass die Kloppendorfer ihrem Namen alle Ehre machen und mehr oder weniger allesamt bekloppt sind. Die Liebe wird auf eine harte Probe gestellt und sie fragen sich: Wer wollte überhaupt in die Provinz – und vor allem warum? Die Komödie „Stadtlandliebe“von Marco Kreuzpaintner („Krabat“) kontrastiert die Befindlichkeiten und Sehnsüchte moderner Großstädter mit dem Leben exzentrischer Dörfler. Allerdings höchst flach und verbunden mit so einigem Fremdschämen, vor allem in Sachen Romantik und Liebesbeweise. Stichworte: Strip im Kuhstall und Sex mit Schafen. Jessica Schwarz („Romy“) spielt die gestresste Chirurgin Anna, die kündigen und sich den Traum vom simplen Landleben erfüllen will, wie er in Hochglanzmagazinen angepriesen wird. Sie übernimmt eine Landarztpraxis. Ihren Freund Sam (Tom Beck, „Schlussmacher“) ködert sie mit der Aussicht, dass er den Job in der Werbeagentur gegen ein Dasein als freier Schriftsteller eintauschen kann.
In „Stadtlandliebe“jagt eine müde Klamotte die nächste, öfter garniert mit Szenen in schlüpfrigen Altherrenwitz-Manier. Viele Witze wirken bemüht, ebenso wie die recht grob gezeichneten Charaktere, die in Kloppenburg wohnen. im Laufe des Films nicht. Kloppendorf bleibt ein Gruselkabinett, das Fluchtreflexe auslöst. So wie der ganze Film (D 2016, 92 Min., Regie: Marco Kreuzpaintner) J. Schwarz, Tom Beck Mit „Verräter wie wir“verfilmt die britische Regisseurin Susanna White John le Carrés 23. Roman, der einen Normalbürger in die Welt der Mafia und des Geheimdienstes katapultiert. Perry (Ewan McGregor) und Gail (Naomie Harris) sind nach Marrakesch gereist, um ihre Beziehung wieder aufzufrischen. In einem Restaurant lernt Perry den Russen Dima (Stellan Skarsgård) kennen, der ihn zuerst auf eine teuren Wein und dann auf eine ausschweifende Party einlädt.
Dass Dimas Reichtum nicht auf legalem Wege erwirtschaftet wurde, ahnt Perry natürlich schon bald. Aber der Mann fasziniert ihn und auch Dima erkennt in dem englischen Poesie-Dozenten einen grundanständigen Kerl, der ihm gute Dienste erweisen könnte. Denn Dima ist Geldwäscher bei der Mafia und will aus dem Geschäft aussteigen, um seine Familie zu retten.
Beim zweiten Treffen hält er Perry einen USB-Stick mit Insider-Informationen vor die Nase, den der Brite beim MI6 abgeben soll. Perry greift zu und daraus entwickelt sich eine interessante
Neu im Kino: „Smaragdgrün“von Felix Fuchssteiner und Katharina Schöde mit Maria Ehrich Die Deutschen haben ihr Interesse am Genrekino wiederentdeckt und schürfen in Hollywoods Fußstapfen nach Publikumsmagneten. Immerhin leicht ansteigende Besucherzahlen verzeichnete nach verhaltenem Beginn die Edelstein-Trilogie nach Kerstin Giers FantasyBüchern, die nach „Saphirblau“und „Rubinrot“nun in ihr smaragdgrünes Finale steuert. Im Mittelpunkt steht auch diesmal das Londoner Teen-Girl Gwendolyne (weitgehend talentfrei: Maria Ehrich). Sie hat ein Gen im Blut, das Zeitreisen in die Vergangenheit und zurück erlaubt. Rivalisierende Geheimbünde versuchen die Kräfte des Mädchens für ihre Ziele zu nutzen. Ausgerechnet Gwendolynes Partner Geschichte nicht nur über Geldwäsche, Korruption und die blutigen Hände der modernen Finanzwelt, sondern auch über die Freundschaft zweier ungleicher Männer. Im Film von Susanna White geht es auch um männliche Stereotypen, hier Damian Lewis als Hector. Gideon de Villiers (viril: Jannis Niewöhner) schien ein prächtiger Gefährte und Freund und vielleicht sogar etwas mehr – doch dann verriet er ihre Gefühle. Alles deutet darauf hin, dass er mit dem schurkischen Grafen von Saint Germain (diabolisch: Peter Simonischek) im Bunde steht. Aber ist das auch wirklich so?
Es gibt diese Filme, die völlig mühelos vor die Wand fahren, weil die Macher partout nicht aus Fehlern lernen wollen oder können. Wie schon bei den ersten zwei Filmen schlingert das Konzept orientierungslos zwischen buntem Kinderkino und ernst gemeinter Fantasy-Romanze. Wieder schert sich das Regieteam Felix Fuchssteiner und Katharina Schöde keinen Deut um Atmosphäre im Bild,
White und ihr Drehbuchautor Hossein Amini („Drive“) arbeiten hier zwei unterschiedliche Männlichkeitskonzepte heraus. Der englische Literaturdozent Rhythmus im Schnitt oder Klarheit im dramatischen Ansatz. Umso mehr dient man sich ungeniert bei einem weiblichem Teen-Publikum zwischen zehn und Maria Ehrich spielt wieder das Londoner Teen-Girl Gwendolyn. hat sich zwar mit den postfeministischen Veränderungen der Geschlechterordnung arrangiert, trägt aber noch altbackene GentlemenTugenden in sich. Ihm gegenüber steht mit Dima ein klassisches Alpha-Tier, ein harter Kerl mit großem Herzen und einem starken Sinn für Loyalität, der jedoch im modernen Mafiawesen nichts mehr wert ist.
Der Film bringt diese beiden Konzepte auf fruchtbare Weise miteinander in Reibung, ohne sie gegeneinander aufzuwiegen. Diese Fundierung der Charaktere hilft dem Film über so manches Glaubwürdigkeitsdefizit hinweg und lässt einen den Weg des Normalbürgerhelden in die Welt von organisiertem Verbrechen und Regierungskorruption mit Spannung verfolgen. Solide Genre-Unterhaltung mit einem gut aufspielenden Ensemble.
GB/F 2016, 107 Min., Camera Zwo (Sb); Regie: Susanna White; Buch: Hossein Amini nach einem Roman von John le Carré; Kamera: Anthony Dod Mantle; Musik: Marcelo Zarvos; Darsteller: Ewan McGregor, Stellan Skarsgård, Naomie Harris, Damian Lewis, Jeremy Northam. dreizehn an, dem man anscheinend alles glaubt unterjubeln zu können, so lange nur die modischen Versatzstücke aufgeboten werden.
Die Jungdarstellerinnen plappern peinlich und immer atemlos, was hier aber fast schon Konzept scheint, da auch die professionellen Akteure ungebremst chargieren wie auf Bibis Blocksberg. Und in den Actionszenen sind statt Stunts nur Posen angesagt, weil das schneller geht und billiger ist. Es ist nicht schlimm, wenn in einer Geschichte sattsam bekannte Versatzstücke verarbeitet werden. In diesem Fall aber ist das von einer Unbedarftheit, die nur noch Liebhaber von Unvermögen schätzen können. (D 2016, 112 Min.; Regie: Felix Fuchssteiner, Katharina Schöde)