Hinter dem Schleier
Neu im Kino: „Liebe Halal“von Assad Fouladkar – Drei Paare und der Stand der Dinge in Sachen Liebe in Beirut
„Wo kommen die Babys her?“steht an der Tafel einer Beiruter Schule. Die strenge Lehrerin fordert die Mädchen auf zu antworten. „Durch Gottes Willen“, versuchte es eine Schülerin, aber die Angabe scheint der Pädagogin zu ungenau. „Alaka“heißt die Antwort. Das sei ein Wurm, der vom Mann auf die Frau übergehe, erklärt die Lehrerin und schaut in aufrichtig angeekelte Gesichter.
Fortan passen Hiba (Berlin Badr) und ihre Schwester in der Wohnung auf, wohin sie treten. Die Eltern ahnen nichts von den traumatischen Folgen sexueller Aufklärungsarbeit und haben diesbezüglich ihre eigenen Sorgen. Awatef (Mirna Moukarzel) leidet ein wenig unter der Agilität ihres Mannes. Jeden Abend Sex – das wird ihr einfach zu viel. Deshalb macht sie sich auf die Suche nach einer Zweitgattin für ihren Mann, der nach muslimischen Recht bis zu vier Ehefrauen haben darf.
Anhand von drei Paaren, die das Bedürfnis nach amouröser Glückseligkeit mit dem religiösen Vorschriftenkatalog in Einklang zu bringen versuchen, untersucht Assad Fouladkars erfrischende Komödie „Liebe Halal“den Stand der Dinge in Sachen Liebe im muslimischen Teil Beiruts. Im selben Haus wohnt ein jung verheiratetes Paar, das sich aufgrund der krankhaften Eifersucht des Mannes immer wieder in die Haare kriegt. Schon ruft der hitzköpfige Gatte wieder den verhängnisvollen Satz aus: „Ich verstoße dich!“Die beiden sind gerade Mal ein paar Monate verheiratet und Mokhtar hat nun schon zum dritten Mal in Wut die Scheidung ausgesprochen, womit die Trennung endgültig besiegelt ist. Aber auch für diesen Fall gibt es ein Hintertürchen: Batoul (Zeinab Hind Khadra) muss einen Anderen heiraten und wieder geschieden werden, bevor sie sich wieder mit dem Ex vermählen kann. Und so macht sich auch Mokthar auf die Suche nach einem Mann für seine Frau.
Frisch geschieden ist die Schneiderin Loubna (Darine Hamze), die nun hofft endlich ihre Jugendliebe heiraten zu können. Aber der Gemüsehändler Abou (Rodrigue Sleiman) will nur eine Zweitehe auf Zeit.
Fouladkar legt seinen Film als überraschend leichtfüßige Burleske an und lotet die Spannung zwischen emotionalem Chaos und moralischer Gesetzeslage variantenreich und humorvoll aus. „Hinter den Schleier“will der libanesische Filmemacher schauen und eröffnet ein breites Spektrum an amourösen Verwicklungen, das das westliche Bild vom sittenstrengen Islam konterkariert, ohne zu verschweigen, dass die Pflichten und Freiheiten der Liebe hier für Männer und Frauen alles andere gerecht verteilt sind. (D/Libanon 2015, 91 Min., Camera Zwo Sb)
>> www.filmhaussaarbruecken.de