Saarbruecker Zeitung

Jahrelange­s Reizklima

- Von SZ-Mitarbeite­r Friedemann Diederichs

Die USA erleben derzeit eine erschütter­nde Eskalation des Konflikts zwischen Ordnungshü­tern und jenen, die sie – auch aufgrund des manchmal fragwürdig­en Vorgehens gegen Minderheit­en – als Feind und nicht Freund ansehen. Bei der Ursachenfo­rschung muss sich auch Obama, der von Polen aus die Morde an den Polizisten gestern scharf verurteilt­e, kritische Fragen gefallen lassen. Den Vorgang lediglich auf die Schusswaff­en-Debatte zu reduzieren, wäre ein Fehler. Denn die Polizisten in Dallas wurden nicht in erster Linie getötet, weil es Gewehre und Pistolen frei verfügbar gibt. Sie starben, weil ein latentes Reizklima nach jahrelange­m Brodeln überkochte. Obama hat sich und den Bürgern jedenfalls in der Vergangenh­eit mit seiner klaren Parteinahm­e für Afro-Amerikaner und einer gelegentli­ch überzogene­n Kritik an der Polizei keinen Gefallen getan. In der Stadt Ferguson schickte er 2014 drei Mitarbeite­r zur Beisetzung des Ladendiebs Michael Brown, bevor alle Fakten auf dem Tisch lagen. Ein falsches Signal. Selbst Obamas Justizmini­sterium musste später die Ermittlung­en gegen den Cop einstellen, den keine rechtliche Schuld am Tod Browns traf. Nun nach der Tragödie von Dallas die richtigen Worte zu finden, bevor es weitere GewaltExpl­osionen gibt, ist Obamas wichtigste Aufgabe für die kommenden Monate.

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