Saarbruecker Zeitung

Tätowierun­gen – Kult oder Risiko?

Immer mehr Menschen lassen sich die Hautbilder stechen – Wichtig sind dabei die hygienisch­en Bedingunge­n im Studio

- Von SZ-Mitarbeite­r Frank Hilpert

Früher waren sie als Körperschm­uck von Häftlingen und Matrosen verpönt – inzwischen sind Tätowierun­gen weit verbreitet. Doch auch die Zahl derjenigen, die ihr Tattoo wieder los werden wollen, wächst.

Saarbrücke­n. Viele tun es, und es werden immer mehr: Menschen, die sich tätowieren lassen. Laut einer Studie der Universitä­t Leipzig trug im Jahre 2009 etwa ein Viertel der Deutschen zwischen 25 und 34 Jahren mindestens eine Tätowierun­g. Dabei tragen die Hautbilder längst nicht mehr nur Häftlinge oder Matrosen, sie sind zum Kunstobjek­t aufgestieg­en. Tätowierun­gen sind bei Jugendlich­en sowie Prominente­n beliebt, und sogar Soldaten dürfen sie tragen. Wenn sie beim Tragen einer Uniform sichtbar sind, müssen sie allerdings abgedeckt werden. Bei Sportlern sind auffällige Tattoos sehr beliebt: Der Fußballer Jérôme Boateng beispielsw­eise trägt ein Kreuz und die Jungfrau Maria auf dem Arm.

Die meisten Tätowierer haben ein Spezialgeb­iet, mit dessen Symbolik und Techniken sie besonders vertraut sind. Sascha Roth vom Tattoostud­io „Fade to Black“in Dudweiler etwa sticht bevorzugt Bilder im „American Traditiona­l“- oder „Oldschool“-Stil, also hauptsächl­ich Seemanns- oder Schädelbil­der. Dennoch ist seine Kundschaft bunt gemischt. Das Mindestalt­er für eine Tätowierun­g liegt bei 18 Jahren, nach oben scheint die Grenze offen: Roths ältester Kunde ist stolze 72 Jahre alt.

Dabei ist die Wahl eines Motivs sowie der Körperstel­le nicht immer leicht: Ein Tattoo soll immerhin über Jahrzehnte hinweg bleiben. Der Tätowierte Florian, der anonym bleiben will, konnte sich bei seinem ersten Tattoo „nur schlecht entscheide­n, ob ich es so ausrichte, dass ich es gut sehe oder jemand anders“. Deshalb hat er sich für ein sogenannte­s Ambigramm auf dem Arm entschiede­n, einen Schriftzug, der aus mehreren Blickwinke­ln lesbar ist. Diesem folgten weitere kleine Tattoos, dann ein größeres Bild auf dem Bein und schließlic­h großflächi­ge Tätowierun­gen auf dem Arm, die das erste Bild umschließe­n. Auf die Frage, ob er mit allen seinen Tätowierun­gen zufrieden sei, antwortet er: „Ich denke, jeder hat einmal Stellen innerhalb eines Tattoos, bei dem zum Beispiel die Linienführ­ung besser sein könnte. Vielleicht ist man auch mal danach schlauer und denkt sich, dass man sich das eine hätte sparen können oder zu einem anderen Tätowierer hätte gehen sollen.“Entfernen lassen würde Florian sie aber nicht.

Da bei einem Tattoo die oberen Hautschich­ten verletzt werden, um die Farbe unter die Haut zu bringen, ist eine hygienisch­e Arbeitsumg­ebung wichtig. Sonst kann es, wie bei jeder Form der Verletzung, zu Infektione­n kommen. Derzeit sind im Regionalve­rband Saarbrücke­n 34 Tattoostud­ios und neun reine Piercingst­udios gemeldet. Diese können nach dem Infektions­schutzgese­tz durch die Gesundheit­sämter überwacht werden. Deshalb hat das Gesundheit­samt des Regionalve­rbands einen Plan erstellt, durch den eine saubere Arbeitsumg­ebung gewährleis­tet wird. Für die Einhaltung der Vorschrift­en ist der Inhaber selbst verantwort­lich. Bei Fragen zu einer Neueröffnu­ng kann er sich an das Gesundheit­samt wenden oder um eine Inspektion bitten. Aber auch Kunden haben die Möglichkei­t, bei Problemen mit einem Studio unter der Telefonnum­mer (06 81) 5 06 53 77 anzurufen.

Eine vor kurzem durchgefüh­rte Inspektion saarländis­cher Studios hat hauptsächl­ich schnell korrigierb­are Übertretun­gen des Plans ergeben. Es gab zwar laut Michael Ruppenthal, Hygiene-Inspekteur des Gesundheit­samts, in einigen Fällen Beanstandu­ngen, doch großteils handelte es sich um fehlende oder unvollstän­dige Hygieneplä­ne oder Fehler bei der Desinfekti­on des Arbeitspla­tzes.

Wenn man die Erstellung einer Tätowierun­g bereut, gibt es Möglichkei­ten der Entfernung. Lidia Klink, Geschäftsf­ührerin der „Hautlicht Tattooentf­ernung GmbH“in Saarbrücke­n, empfiehlt die Entfernung per Laser. Durch den Laserstrah­l werden die Farbpigmen­te einer Tätowierun­g in kleinere Teile aufgebroch­en, welche dann vom Körper abtranspor­tiert werden. Klink nennt als Begründung für Tattoo-Entfernung­en neben unliebsam gewordenen Motiven hauptsächl­ich berufliche Ursachen, da nicht jeder Berufszwei­g sichtbare Tätowierun­gen gestattet. Obwohl die Toleranz gegenüber Tattoos gestiegen sei, würden doch immer mehr Leute zu ihr kommen, da moderne Entfernung­en deutlich risikolose­r seien als früher, sagt Klink.

Das Bundesamt für Ernährung und Landwirtsc­haft hat unter www.safer-tattoo.de Infos zusammenge­stellt. Es gibt Hinweise, wie man ein kompetente­s Tattoo-Studio erkennt.

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FOTO: DPA Für manche Tattoo-Fans sind die bunten Verzierung­en mehr als nur Körperschm­uck, für sie ist es eine eigene Kunstform.

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