Saarbruecker Zeitung

Salziges zu Süßem

Saarlouis eröffnet am Sonntag sein Theater am Ring neu

- Von SZ-Redakteur Johannes Werres

Sichtbarer als der Umbau des Theaters am Ring in Saarlouis kann ein politische­s Bekenntnis zu Kultur als Standortfa­ktor im Wettbewerb der Städte kaum sein. Das Haus, dessen Umbau der luxemburgi­sche Architekt François Valentiny plante, wird am Sonntag wiedereröf­fnet.

Saarlouis. Eine große BauSkulptu­r des luxemburgi­schen Architekte­n François Valentiny ersetzt die abgewohnte 50er Jahre-Gemütlichk­eit der Fassade des Saarlouise­r Theaters am Ring, dem neben Saarbrücke­n einzigen Theater im Saarland mit Großbühne und Orchesterg­raben. Die neue Beton-Fassade, der alten um einige Meter vorgesetzt, hatte während der gut dreijährig­en Umbauphase erwartungs­gemäß heftige Diskussion­en ausgelöst. An diesem Sonntag eröffnet die Stadt das Theater mit einem Festakt und bunten Programm neu.

Das eigentlich­e Theater, die Bühne samt Saal für rund 600 Zuschauer, ist nicht umgestalte­t, sondern technisch saniert worden. Im Theatertur­m wurden die drei Säle, der Festsaal mit 650 Plätzen, das Studio mit rund 150 und ein Gesellscha­ftsraum mit rund 120 Plätzen, verändert, die Foyers vergrößert. Hochwertig­e Oberfläche­n stehen im Kontrast zu rohbauhaft­en, provokant groben Flächen.

Valentiny beanspruch­te, „die Würde“der teilweise denkmalges­chützten Räume und Foyers zu wahren. „Perfekt“gelungen nannte er gestern das Ergebnis. Den alten „schon schönen Bau haben wir verbessert“. Valentiny mag seine Arbeit nicht interpreti­eren, „es ist wie beim Essen eine Geschmacks­sache“, doch nennt er sein Konzept „Salziges zu Süßem, Feines zu Rohem, Kantiges zu Geschliffe­nem, ein Spannungsv­erhältnis, aus dem wir ein Projekt gemacht haben“.

Das eher intime Studio präsentier­t sich in Farben und Lichtführu­ng delikat. Um den zentralen Festsaal, der nun ohne natürliche­s Licht auskommen muss, kann man jetzt herumgehen, dank der vorgesetz- ten Fassade. Im Theatertur­m kommen nun die Volkshochs­chule, die Stadtbibli­othek und das Stadtarchi­v unter. So soll den ganzen Tag über Leben in das Theater kommen. Das Haus soll nach den Vorstellun­gen von Oberbürger­meister Roland Henz (SPD) ein Veranstalt­ungsort für die Großregion werden. Er denkt zuerst an eine Nutzung der Säle für Kongresse. Aber auch an eine Zusammenar­beit mit dem Saarländis­chen Staatsthea­ter. Bisher diente die Saarlouise­r Bühne allein populären Gastspiele­n. Eine lokale Kulturszen­e hat sich am Theater am Ring nie herauskris­tallisiert.

Wie sich aber der neue, sehr repräsenta­tive Festsaal konkret als regionaler Magnet besonders für Tagungen entwickeln soll, ist noch offen. In den Ankündigun­gen bildet sich dieser Anspruch bislang nicht ab. Das Programm 2016/2017 setzt fort, was auch bisher auf der Bühne des Theatersaa­ls zu sehen war: von Götz Alsmann über „Charleys Tante“bis zu „Jesus Christ Superstar“und der „Csárdásfür­stin“. Eigens für die neue Bühne inszeniert derzeit Alfred Gulden „SilberHerz“: ein Stück auf Grundlage eines Romans, den Gulden als Stadtschre­iber von Saarlouis begonnen hat und demnächst wohl veröffentl­ichen wird.

Hinter dem Umbau des Theaters stand mit ganzem Herzen auch die Leiterin des Saarlouise­r Kulturamte­s, Heike Breitenmos­er, die im März völlig unerwartet starb. Für ihren Nachfolger wird die Belegung des Hauses eine Hauptaufga­be sein.

Umbauanlas­s war die Sanierung des Gebäudes, das sich zeitweise nicht nutzen ließ. Die damalige Jamaika-Koalition im Stadtrat Saarlouis deckelte die Umbaukoste­n auf sieben Millionen Euro. Daraus sind dann (bislang) doch 8,5 Millionen Euro geworden. Allein der Brandschut­z verbraucht­e eine 750 000 Euro mehr als geplant. Drei Millionen schoss das Land zu der Sanierung des Theaters zu, das der Saarlouise­r Kino-Betreiber Ernst Gill ab 1957 bauen ließ. Architekt war Hanns Rüttgers. Das Gebäude hatte zunächst bloß ein Kino werden sollen, wie sich der heute 86jährige Bauleiter Manfred Kaese erinnert. Das Bühnenhaus sei erst im laufenden Baubetrieb geplant worden.

Der Umbau des Theaters ist Kernstück einer OB Roland Henz vorschwebe­nden „Kulturmeil­e“. Hauptziel war es, die preußische Kaserne VI (gebaut ab 1866) und das Theater zu einem einzigen Kulturzent­rum zu vereinen. Die Stadtbibli­othek machte dazu Räume frei, indem sie in den Theatertur­m umzog. Geplant ist noch der Umzug des Museums Haus Ludwig in den Preußen-Block, wo sich bereits das Stadtmuseu­m befindet. Weil aber die Polizeiins­pektion in der Kaserne VI bleibt, wird sich die Kulturmeil­enidee Henns nicht in Gänze realisiere­n lassen.

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Eine fast schon anthroposo­phische Architektu­r zeigt das nicht nur sanierte, sondern auch umgebaute Saarlouise­r Theater am Ring.
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FOTOS: ROLF RUPPENTHAL Blick ins Innere des optisch weitgehend unveränder­ten großen Saales.

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