Saarbruecker Zeitung

Saar-SPD verärgert über Alleingäng­e von Minister Bouillon

Die SPD beäugt die Vorstöße von Innenminis­ter Klaus Bouillon zunehmend kritisch

- Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

Saarbrücke­n. In der Saar-SPD wächst der Unmut über unabgestim­mte Vorstöße von Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU). Parteiund Fraktionsv­ize Eugen Roth kritisiert­e beispielsw­eise Bouillons Forderung nach AntiTerror-Einsätzen der Bundeswehr im Inland. „Das ist fachlich gesehen Unsinn, aber er scheint die konservati­ve Seele damit zu streicheln“, sagte Roth zur SZ. Bouillon habe eine „sprunghaft­e Natur“und entscheide zu viel aus dem Bauch heraus.

CDU-Innenminis­ter Klaus Bouillon wirbt bei jeder Gelegenhei­t für einen Einsatz der Bundeswehr im Innern. Dabei ist die SPD in der großen Koalition ganz anderer Meinung. Es ist nicht der einzige Vorstoß Bouillons, der die Sozialdemo­kraten irritiert.

Saarbrücke­n. Lange nichts gehört von Klaus Bouillon. Der Innenminis­ter ist seit ein paar Tagen auf Sendepause, was aber ausschließ­lich damit zusammenhä­ngt, dass er im Urlaub weilt. Vor seiner Abreise ließ er die Öffentlich­keit noch wissen, dass er mehr Video-Überwachun­g im Saarland will und zur Terrorabwe­hr die Bundeswehr auch im Inland einsetzen würde. Als Vorsitzend­er der Innenminis­terkonfere­nz hat er seit Jahresbegi­nn eine bundespoli­tische Bühne für seine Vorstöße. Mit Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) will er nach seinem Urlaub darüber verhandeln, was genau die Bundeswehr im Terrorfall tun könnte. Das nicht zu klären, sei verantwort­ungslos, sagt er.

Die Frage ist, für wen Bouillon dabei spricht: für die gesamte Landesregi­erung oder für sich selbst und die CDU. Die SPD in der großen Koalition des Landes ist in der Innenpolit­ik jedenfalls anderer Meinung. Mehr Videoüberw­achung? „Völlig ungeeignet, um Straftaten zu verhindern und die Sicherheit der Bürgerinne­n und Bürger zu erhöhen“, sagt SPD-Generalsek­retärin Petra Berg. Der Einsatz der Bundeswehr im Innern? „Fachlich gesehen Unsinn“, meint SPD-Vize Eugen Roth, der auch mal Landeschef der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) war. „Lächerlich, das kann ich nicht ernst nehmen.“

In der SPD verdrehen sie die Augen, wenn Bouillon wieder einen Vorstoß zur inneren Sicherheit unternimmt. „Ich weiß nicht, wer ihn in Sicherheit­sfragen berät. Wahrschein­lich er sich selbst“, lästert Roth. SPDFraktio­nschef Stefan Pauluhn beklagte sich in einem SZ-Interview einmal über Bouillons Schnellsch­üsse: Jede kleine Änderung im SPD-geführten Bildungsmi­nisterium („ob der Notenstemp­el künftig rechts oder links steht“) müsse durchs Kabinett, während sich Bouillon häufig nicht mit der SPD abspreche. „Ein typischer Bulli“heißen die Vorstöße in der SPD.

Eine seiner Ideen, auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise zur Entlastung der Polizei eine Hilfspoliz­ei aufzubauen, kam in der SPD zunächst gar nicht gut an. Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger soll massiv gegen den Plan gewesen sein. Inzwischen hat der Polizeilic­he Ordnungsdi­enst (POD) seine Arbeit aufgenomme­n, die 30 befristet angestellt­en Mitarbeite­r sollen zum Beispiel bei der Verkehrsüb­erwachung und beim Objektschu­tz helfen. Der nächste Konflikt dürfte allerdings programmie­rt sein, wenn Bouillon den POD ausbauen oder zur Dauereinri­chtung machen will. Das sei so nicht besprochen gewesen, heißt es in der SPD.

Besonders sauer auf Bouillon ist der traditione­ll linke SPDNachwuc­hs. Die Jusos tragen ihm seine restriktiv­e Linie in der Asylpoliti­k nach. Als er den Flüchtling­en in der Landesaufn­ahmestelle Lebach das Taschengel­d kürzte, schäumten die Jusos: Dies sei Populismus auf dem Rücken der Flüchtling­e, „bestürzend und beschämend“. Als „Skandal“sehen sie auch Bouillons angebliche „Abschiebew­ut“. Die Forderung der SPD, die Härtefallk­ommission zu stärken, die ein Bleiberech­t für abgelehnte Asylbewerb­er vorschlage­n kann, blockiert Bouillon seit Wochen.

Bouillons Krisenmana­gement bei der Aufnahme der Flüchtling­e wird in der SPD geschätzt, hier arbeitete er eng mit SPDUmweltm­inister Reinhold Jost („mein Kumpel Reinhold“) zusammen. Roth nennt Bouillon einen „Umsetzer“. Aber, sagt Roth, „er springt auf alles auf, was sein Bauchgefüh­l ihm sagt. Er hat eine sprunghaft­e Natur.“

Roth glaubt zu wissen, dass auch in der CDU einige den Kopf über Bouillon schütteln. „Die haben noch mehr Spaß mit ihm als wir, weil sie nicht wissen, was er in den nächsten drei Minuten bringt. Aber er ist populär, und deshalb lässt man ihn turnen.“Wahr daran ist zumindest, dass auch in der CDU nicht alle begeistert von Bouillons Anti-Terror-Plänen sind. „Ich will kein Militär auf den Straßen des Inlands“, schrieb etwa der Illinger CDU-Bürgermeis­ter Armin König auf Facebook.

Gleichwohl ist Bouillon in der CDU und bei ihren Sympathisa­nten äußerst beliebt, weshalb ständige Angriffe der SPD – so glaubt man in der CDU – den Christdemo­kraten am Ende eher nutzen als schaden werden. Bei der Landtagswa­hl am 26. März 2017 wird er auf Platz zwei der CDU-Landeslist­e kandidiere­n, direkt hinter Annegret Kramp-Karrenbaue­r. „Ich gehe davon aus, dass ich der CDU helfen kann, Stimmen zu gewinnen“, sagt Bouillon. Hätte die SPD in der großen Koalition vor zwei Jahren nicht die Anhebung der Altersgren­ze von Bürgermeis­tern blockiert, wäre Bouillon (68) vermutlich immer noch Rathaus-Chef von St. Wendel.

Sein Markenzeic­hen, sich bei Festen an den Schwenker zu stellen und Rostwürste zu braten, hat er auch im Innenresso­rt nicht abgelegt. „Man kann es treiben und übertreibe­n“, findet Roth. Aber zwischenme­nschlich sei das Verhältnis zu Bouillon gut, sagt Roth. „Ich esse halt auch gerne Rostwürste.“

 ??  ?? Klaus Bouillon
Klaus Bouillon
 ?? FOTO: ROLF RUPPENTHAL ?? Innenminis­ter Klaus Bouillon grillt gerne – zum Beispiel für Flüchtling­shelfer, Polizisten oder Sportler.
FOTO: ROLF RUPPENTHAL Innenminis­ter Klaus Bouillon grillt gerne – zum Beispiel für Flüchtling­shelfer, Polizisten oder Sportler.

Newspapers in German

Newspapers from Germany