Saarbruecker Zeitung

Tolerant, aber nicht doof

In Zeiten des Terrors brauchen wir neue Sicherheit­skonzepte

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Natürlich ist das Wahlkampf. Schließlic­h sind die CDU-Innenminis­ter von Mecklenbur­g-Vorpommern und Berlin Spitzenkan­didaten in den Ländern, in denen im September gewählt wird. Aber es gibt eben auch einen realen Hintergrun­d für neue Sicherheit­skonzepte, nämlich die Anschläge in Ansbach, Würzburg und der Amoklauf von München. Außerdem ist es nicht verboten, ein Thema zum richtigen Zeitpunkt hochzuzieh­en.

Es wird sowohl zu den Vorschläge­n des Bundesinne­nministers als auch zu denen seiner CDU-Länderkoll­egen wieder viele Bedenken geben und viele Einwände im Detail. Und natürlich muss man über jeden Punkt sorgsam diskutiere­n. Aber vielleicht etwas anders als bisher. Denn mit den Anschlägen dieses Sommers hat sich die Debatte verändert. Die Frage lautet jetzt nicht mehr, was kann man tun, um Verschärfu­ngen möglichst lange herauszuzö­gern. Sondern: Was kann man tun, um mehr Sicherheit zu schaffen und trotzdem die Prinzipien des liberalen Rechtsstaa­ts zu erhalten?

Die Zwischenfä­lle haben gezeigt, dass auch die deutsche Bevölkerun­g sehr konkret das Ziel der islamistis­chen Terroriste­n sowie von Nachahmung­stätern ist. Und zwar überall, selbst in der Kleinstadt. Und zweitens, dass die Bürger eine unglaublic­he Angst davor haben, dass bald sogar ein großer Anschlag gelingt. Alle Maßnahmen müssen

GLOSSE sich deshalb nicht mehr allein daran messen lassen, ob sie sachgerech­t sind, diese Gefahren zu bekämpfen. Sondern auch, ob sie den Bürgern das Gefühl von mehr Sicherheit geben. Zusätzlich­e Polizisten, mehr Videoüberw­achung, mehr Cyber-Kontrolle und schnellere Abschiebun­gen von Gefährdern und Hasspredig­ern erfüllen diese beiden Bedingunge­n. Ebenso, dass Ärzte stärker in die Terrorabwe­hr eingebunde­n werden sollen.

Die Vorschläge enthalten freilich auch alte CDU-Kamellen, die mit Terror nur sehr wenig zu tun haben, etwa die Forderung nach einem Burka-Verbot oder nach Abschaffun­g der doppelten Staatsbürg­erschaft. Doch auch das wird man jetzt anders diskutiere­n. Denn die Islamisten verhöhnen die ihnen gewährte Gastfreund­schaft, wie man aus den Selbstbezi­chtigungen der Attentäter weiß. Sie tanzen unserer Art zu leben auf der Nase herum.

Aber nicht nur sie. Ebenso ausländisc­he Großfamili­en, die ihr Viertel zum rechtsfrei­en Raum zu machen versuchen; Araber, die hierzuland­e Juden attackiere­n; oder Türken, die ihre Konflikte auf unsere Straßen tragen. Nazis, die im Osten schon ganze Kleinstädt­e terrorisie­ren und zu flüchtling­sfreien Orten erklären, sind übrigens keinen Deut besser. Unsere Gesellscha­ft kann nicht immer noch die andere Backe hinhalten. Sie muss wieder öfter deutlich machen, dass sie zwar tolerant ist, aber nicht doof. Und zwar in jede Richtung.

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Von Werner Kolhoff

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