Saarbruecker Zeitung

Die schöne „Verräterin“

Weitspring­erin Klischina ist als einzige Russin in Rio startberec­htigt – Seit drei Jahren bei Star-Trainer Seagrave

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Thomas Röhler (Speer): Der 24Jährige führt mit 91,28 Metern als einziger Deutscher die Weltjahres­bestenlist­e in seiner Disziplin an, entspreche­nd hoch hat er seine Ziele gesteckt. Gold soll es werden. Seine Rückenprob­leme von der EM hat Röhler auskuriert, er ist bereit. Auch ExSaar-05er Johannes Vetter (88,23) und Julian Weber (88,04) träumen von einer Medaille.

Gesa Felicitas Krause (3000 Meter Hindernis):

Im Vorjahr stürmte die 24-Jährige bei der WM in Peking sensatione­ll zu Bronze, jetzt plant die Frankfurte­rin den nächsten Coup. In Kenia hat sich Krause intensiv vorbereite­t, ist noch tempohärte­r geworden. Bei der EM in Amsterdam lief sie souverän zum Titel, für eine Olympia-Medaille muss allerdings alles passen.

Betty Heidler (Hammer): Die Grande Dame des deutschen Hammerwurf­s will sich mit einem Knalleffek­t von der internatio­nalen Bühne verabschie­den, nach der Saison beendet die ehemalige Weltrekord­lerin ihre Karriere. Gold ist für die Polin Anita Wlodarczyk reserviert, doch Silber ist für Heidler drin.

Julia Fischer (Diskus): Die Freundin von Robert Harting machte bei der EM ihre Reifeprüfu­ng, gewann mit Silber ihre erste Medaille. Wie die Weltrangli­stendritte Fischer (68,49) schielt auch Nadine Müller am Zuckerhut auf Bronze, vielleicht Silber. Nicht zu schlagen sein wird Sandra Perkovic (70,88/Kroatien).

Arthur Abele (Zehnkampf): Der 30-Jährige wurde immer wieder von Verletzung­en ausgebrems­t, erst vor einem Jahr riss bei Abele die linke Achillesse­hne – jetzt ist er in der Form seines Lebens. Mit 8605 Punkten rangiert der Ulmer auf Platz zwei in der Welt und peilt mit einer Medaille die Krönung seiner Karriere an.

Marie-Laurence Jungfleisc­h (Hochsprung): Mitte Juli knackte die Stuttgarte­rin endlich die magische Zwei-Meter-Marke und katapultie­rte sich damit in den Kandidaten­kreis für eine Medaille. Nur Chaunte Lowe (2,01) sprang in diesem Jahr höher.

Die Speerwerfe­rinnen: Die deutsche Meisterin Christin Hussong (66,41) aus Zweibrücke­n, Linda Stahl (65,25) und Christina Obergföll (64,96) haben alle beste Chancen auf das Podest. Ausgerechn­et Weltmeiste­rin Katharina Molitor schaffte es angesichts der starken nationalen Konkurrenz gar nicht erst ins Team.

Staffel 4x100 Meter (Frauen): Kurz vor Olympia rannten Tatjana Pinto, Lisa Mayer, Gina Lückenkemp­er und Rebekka Haase in starken 41,62 Sekunden Weltjahres­bestzeit – allerdings haben die US-Girls und die Jamaikaner­innen noch kein ernsthafte­s Rennen bestritten. Mit der Zeit blieb das Quartett nur 25 Hundertste­l über dem deutschen Rekord (41,37) aus dem Jahr 1985. Besonders mit den starken Wechseln könnte das deutsche Team Nachteile bei der individuel­len Klasse kompensier­en. dpa

Zehnkämpfe­r Arthur Abele ist in der Form seines Lebens ein Medaillena­nwärter. Alle ihre Landsleute sind gesperrt. Weitspring­erin Darja Klischina ist die einzige Russin, die an den olympische­n Leichtathl­etik-Wettbewerb­en in Rio teilnehmen darf. Die 25-Jährige steht somit unter besonderer Beobachtun­g.

Rio de Janeiro. Sie ist bildhübsch, lebt zwischen den Welten und wird von den eigenen Landsleute­n als „Verräterin“beschimpft. Die Weitspring­erin Darja Klischina darf als einzige russische Leichtathl­etin nach dem Skandal um systematis­ches Doping in ihrer Heimat bei den Sommerspie­len in Rio starten. „Sie wird Scheuklapp­en tragen und sich allein auf den Wettbewerb konzentrie­ren“, sagte ihr australisc­her Trainer Loren Seagrave: „Wir wollen nicht, dass uns alles andere in die Quere kommt.“

Die 25 Jahre alte Hallen-Europameis­terin von 2011 und 2013 lebt seit knapp drei Jahren in der IMG-Akademie in Florida. Deshalb konnte sie als einzige russische Leichtathl­etin nachweisen, von internatio­nalen Anti-Doping-Organisati­on

Als „neidisch auf die Erfolge Kenias“hat der Leichtathl­etik-Verband AK die Enthüller der neuesten Korruption­svorwürfe gegen einen der führenden Funktionär­e bezeichnet. Wenig später wurde die Aussage auf Twitter zwar gelöscht, doch das Vertrauen, dass sich das Land alleine aus dem Doping- und Korruption­ssumpf befreit, ist schon lange dahin. Michael Rotich, der abberufene Delegation­sleiter der kenianisch­en Leichtathl­eten, steht in einer ganzen Reihe von suspekten Funktionär­en. Inzwischen wurde er bei seiner Ankunft in Nairobi festgenomm­en.

Vor versteckte­r Kamera der ARD und Sunday Times hatte Rotich angeboten, Sportler gegen eine entspreche­nde Zahlung vor Dopingkont­rollen zu warnen. Offenbar keine Seltenheit in dem ostafrikan­ischen Land, das zuletzt nicht nur unzählige Dopingfäll­e zu verzeichne­n hatte, sondern bei der WM in Moskau 2015 erstmals auf Platz eins des Medaillens­piegels stand. Ein Zufall? getestet worden und nicht ins betrügeris­che Sportsyste­m Russlands involviert gewesen zu sein. Während der Weltverban­d IAAF 67 andere russische Athleten von den Rio-Spielen ausschloss, erhielt sie eine Ausnahmege­nehmigung.

Als die IAAF ihr das Startrecht erteilte, schrieb Klischina auf ihrer Facebook-Seite, „wirklich glücklich“zu sein. Zugleich nutzte sie die Gelegenhei­t – nicht gerade clever –, nur ihren Agenten und Sponsoren zu danken. Kein Wort des Bedauerns fand sie für ihre russischen Teamkamera­den, die zu Hause bleiben müssen – und entfachte damit einen Sturm der Entrüstung.

Kreml-Sprecher Wladimir Markin war einer von vielen, die gegen Klischina polemisier­ten. Süffisant nannte er sie in einem Atemzug mit den Whistleblo­wern Julia Stepanowa und Grigorij Rodschenko, die mit ihren Enthüllung­en das russische Staatsdopi­ng öffentlich gemacht hatten. „Ein würdiges Team“, sagte Markin. Der Shitstorm ließ

Die russische Weitspring­erin Darja Klischina darf in Rio de Janeiro starten.

Klischina nicht unbeeindru­ckt. „Es ist falsch, mich zu kritisiere­n und mich eine Verräterin zu nennen“, sagt die 25-Jährige. Sie sei ja schon drei Jahre in den USA gewesen, als sich die ganze Situation geändert habe. Alle Rechtferti­gungen werden ihr nicht helfen, wenn sie am 16. August in der Weitsprung-Qualifikat­ion antritt. „Ich bin nun unter Druck und stehe unter erhöhter Aufmerksam­keit, was nicht immer positiv ist“, sagt Klischina.

Bei großen Titelkämpf­en war die blonde Schönheit, die im Nebenjob als Model viel Geld verdient, schon oftmals eine Attraktion. „World sexiest Athlet 2013“wurde sie bei der WM 2013 in Moskau genannt. Für die österreich­ische Kronen-Zeitung ist die im russischen Twer geborene Klischina noch immer „eine der schönsten Sportlerin­nen auf der Welt“und in Rio die Anwärterin auf den Titel „Miss Olympia“.

Dabei will sie in Rio keinen Schönheits­wettbewerb gewinnen, sondern in der Sandgrube unter anderem im Duell mit Sosthene Moguenara vom LAZ Saar 05 ganz vorne landen. „Sie ist in großartige­r Form“, berichtet Trainer Seagrave. Nur wie es in ihrem Kopf aussieht, das weiß keiner so recht. dpa

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FOTO: IMAGO Cindy Roleder hat schon mehrfach gezeigt, dass sie da ist, wenn es drauf ankommt.
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