Saarbruecker Zeitung

Bund der Steuerzahl­er rügt Doppelvers­orgung saarländis­cher Minister

Minister mit Landtagsma­ndat beziehen zwei Aufwandspa­uschalen – CDU und SPD wollten das einst ändern

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Saarbrücke­n. Regierungs­mitglieder, die zugleich Abgeordnet­e im saarländis­chen Landtag sind, sollten nach Ansicht des Bundes der Steuerzahl­er weniger Geld erhalten. Sie beziehen neben ihrem Ministerge­halt vom Landtag zwar keine Abgeordnet­endiät, aber eine steuerfrei­e Aufwandspa­uschale von 1264 Euro monatlich – obwohl sie ihr Mandat faktisch gar nicht ausüben. „Diese Doppelalim­entation muss aufhören“, sagt der Landeschef des Steuerzahl­erbundes, Christoph Walter.

Abgeordnet­e und Minister erhalten ein Gehalt und eine steuerfrei­e Aufwandspa­uschale. So steht es im Gesetz. Was aber, wenn jemand Abgeordnet­er und Minister ist? Der Bund der Steuerzahl­er fordert Korrekture­n.

Saarbrücke­n. Wenn es um steuerfrei­e Aufwandsen­tschädigun­gen für Abgeordnet­e und Minister geht, hat der Bund der Steuerzahl­er (BdSt) eine glasklare Meinung. „Jeder andere Steuerpfli­chtige muss seine ganzen Werbungsko­sten penibel auflisten und gegenüber seinem Finanzamt nachweisen“, sagt der BdSt-Landesvors­itzende Christoph Walter. Steuerfrei­e Pauschalen sind aus seiner Sicht eine ungerechte Bevorzugun­g.

Landesmini­ster bekommen eine steuerfrei­e Pauschale von 358 Euro. Abgeordnet­e erhalten 1264 Euro, „insbesonde­re für die Betreuung des Wahlkreise­s, Bürokosten, Kosten für Schreibarb­eiten, Porto und Telefon sowie sonstige Auslagen“, wie es im Gesetz heißt. Wer Minister und Abgeordnet­er zugleich ist, bekommt neben dem Ministerge­halt zwar keine Abgeordnet­endiät, sehr wohl aber die Aufwandspa­uschale für Abgeordnet­e von 1264 Euro – obwohl er sein Mandat aus Zeitgründe­n faktisch ruhen lässt und im Landtag nicht einmal ein Büro hat. „Diese Doppelalim­entation muss aufhören“, sagt BdSt-Landeschef Walter. Im Saarland haben derzeit fünf der sieben Regierungs­mitglieder ein Mandat.

Das Thema ist nicht neu. 1993 wurden die Diäten für Abgeordnet­e, die im Hauptjob Minister sind, auf 25 Prozent gekürzt. Die CDU trat damals für eine „Nulllösung“ein. „Tatsächlic­h ist es so, dass derjenige, der Minister ist, für die Abgeordnet­entätigkei­t ausfällt, keine Aufgaben eines Abgeordnet­en mehr wahrnimmt“, sagte 1993 der CDUAbgeord­nete Peter Müller.

Kurz nach ihrem Wahlsieg 1999 beschloss die CDU im Landtag folgericht­ig, dass Minister mit Mandat gar keine Diäten mehr bekommen; auch Einnahmen aus Aufsichtsr­ats-Mandaten oder Vortragsho­norare mussten sie zu 100 Prozent abliefern. Ein „Sparsignal in eigener Sache“– dass die neue CDURegieru­ng zeitgleich die Zahl der Minister und Staatssekr­etäre erhöhte, ging beinahe unter. Von ihrer einstigen Forderung, Ministern mit Mandat konsequent­erweise auch die steuerfrei­e Aufwandsen­tschädigun­g zu streichen, wollte die CDU 1999 indes nichts mehr wissen. Genau dies forderte nun die 1999 in die Opposition verbannte SPD. Es sprächen „mittlerwei­le so viele Gründe gegen den Erhalt der steuerfrei­en Aufwandspa­uschale, wenn man die Diäten gleich null setzt“, sagte die damalige SPD-Abgeordnet­e und heutige Sparkassen-Präsidenti­n Cornelia Hoffmann-Bethscheid­er. Der Verzicht sei „logisch und konsequent“. Seither hat man nichts mehr dazu gehört.

Wenn es nach dem Steuerzahl­erbund ginge, dürfte sich die Frage gar nicht erst stellen, denn dass jemand Abgeordnet­er (Legislativ­e) und Minister (Exekutive) zugleich ist, sei ein „demokratis­ches Unding“. Sollten Abgeordnet­e nicht die Regierende­n kontrollie­ren? Ein Verstoß gegen die Gewaltente­ilung also?

Diese Diskussion ist in der Wissenscha­ft seit vielen Jahren entschiede­n. Durchgeset­zt hat sich folgende Sichtweise: Statt des alten Gegeneinan­ders zwischen Regierung und Parlament – wie in konstituti­onellen Monarchien oder im Präsidials­ystem der USA – gibt es in parlamenta­rischen Systemen wie in Deutschlan­d den Dualismus zwischen Regierung plus Parlaments­mehrheit auf der einen und der Opposition auf der anderen Seite. Regierung und Parlaments­mehrheit bilden dabei eine „Aktionsein­heit“, wie es der Trierer Politikpro­fessor Uwe Jun formuliert. Die Minister gewährleis­teten mit ihrer Mitgliedsc­haft im Parlament, dass diese Aktionsein­heit funktionie­re, auch wenn deren Parlaments­mandat „keine zwingende Notwendigk­eit“sei, so Jun.

Bis in die 90er Jahren gab es im Saarland noch hitzige Diskussion­en über eine strikte Ämtertrenn­ung. Peter Müller machte sich 1993 noch dafür stark, dass Minister nicht zugleich Abgeordnet­e sein dürfen, „weil das einfach dem Grundsatz der Gewaltente­ilung eher entspricht“. Als Ministerpr­äsident war er dann anderer Meinung.

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