Jeder dritte Grundschüler im Regionalverband hat Karies
Gesundheitsamt: Bei Erstklässlern sind es sogar 38 Prozent – Auch Zahl der Kinder mit besonders schlechten Zähnen steigt
Viele Kinder aus armen Familien, aber auch einige aus der Mittelschicht haben schlechte Zähne. Das muss nicht sein, sagt das Gesundheitsamt. Denn die Vorsorgeuntersuchungen zahle die Krankenkasse. Das Amt macht auch selbst Untersuchungen.
Saarbrücken. „Armut macht krank.“Unter dieser Überschrift haben die Gemeinwesenprojekte im Bilanzgespräch 2015 mit der Verwaltung auf ein großes Problem hingewiesen: „Besonders in bildungsfernen und von Armut betroffenen Haushalten werden Defizite bei der Ernährung beobachtet. Die Folge sind auffallende Mängel in der Zahngesundheit bereits im Kindes- und Jugendalter.“
Dr. Annette Szliska, Leiterin des zahnärztlichen Dienstes im Gesundheitsamt des Regionalverbandes, untermauert die Aussagen der Gemeinwesenarbeit mit Zahlen: Bei 34 Prozent aller Grundschüler im Regionalverband hatte das Gesundheitsamt im vergangenen Jahr Karies festgestellt, drei Prozent mehr als 2013. Bei den Erstklässlern waren es sogar 38 Prozent. Damit steige das Risiko, dass bleibende Zähne von Karies befallen sind. Auch der Prozentsatz von Risikokindern in der 1. Klasse mit mehr als sechs kariösen Zähnen stieg in dem Zeitraum von acht auf zwölf Prozent, erklärt Szliska.
Eltern reagieren erst spät Betroffen seien Kinder aus Familien mit niedriger Bildung, aber auch der Mittelschicht, deren Eltern teilweise durch Unkenntnis das Zähneputzen ihrer Kinder vernachlässigen, schreibt die Ärztin im Entwurf für den nächsten Sozialbericht des Regionalverbandes. Schlechte Zähne müssen aber gar nicht sein, findet Szliska. Die Krankenkasse zahle eine Frühuntersuchung zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr des Kindes und die „Individualprophylaxe“zweimal jährlich zwischen dem sechsten und 18. Lebensjahr. Darin enthalten seien auch ein Zahnputztraining sowie Tipps zur gesunden Ernährung. „Das Angebot wird aber oft nicht angenommen“, weiß Szliska. Deshalb untersucht sie mit zwei zahnmedizinischen Fachangestellten vor allem in den Grundschulen mit „Hochrisikokindern“die Zähne. Hier liegen nach ihren Angaben die Schulen aus Malstatt und Burbach vorne. Sliszka schreibt nach den Untersuchungen die Eltern an. Wenn die mit dem Nachwuchs nicht zum Zahnarzt gehen, folgt nach zwei Monaten eine Mahnung. Das gelte für die Kinder mit sechs oder mehr kariösen Zähnen. Passiert immer noch nichts, informiert die Zahnärztin nach sechs Wochen das Jugendamt. Grundlage dafür sei das Bundeskinderschutzgesetz. Erst nach dieser Drohung würden viele Eltern reagieren. In manchen Fällen helfe aber nur noch eine Narkosebehandlung beim Zahnarzt. Manche überforderte Eltern oder Alleinerziehende würden sich aber über die Hilfe des Jugendamts freuen. Denn auch viele Eltern hätten keinen geregelten Tagesablauf. Szliska ist froh, dass es die Kinderhäuser in Alt-Saarbrücken, Malstatt, Burbach und Völklingen gibt. Mit diesen stehe der zahnärztliche Dienst in engem Kontakt, statte sie mit Bürsten und Zahncreme aus. Dort gewöhnten sich die Kinder daran, Zähne zu putzen und Hausaufgaben zu machen.
Szliska ist optimistisch, dass die Karies-Zahlen wieder sinken. Wichtig sei der Beschluss auf Bundesebene, nun drei Zahnuntersuchungen in den ersten drei Lebensjahren vorzuschreiben. Diese Untersuchungen würden noch in diesem Jahr in das Vorsorgeheft aufgenommen. So könne der Kinderarzt sehen, ob die Eltern bei den Zahnuntersuchungen waren. Szliska: „Das ist ein großer Fortschritt.“sm