Saarbruecker Zeitung

Das internatio­nale „Athleten-Karussel“

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Vor der WM 2015 in Katar war die Kritik über den heutigen Gegner der deutschen Handball-Nationalma­nnschaft am heftigsten: Katar, eine zusammenge­kaufte, internatio­nale Söldnertru­ppe. Vielleicht, ja. Aber die Diskussion­en um wechselnde Staatsbürg­erschaften im Sport gab es schon, bevor Moderator Stefan Raab bei den Winterspie­len 2002 in Salt Lake City für Moldawien starten wollte. Zudem widerstreb­t es mir, Athleten pauschal zu verurteile­n – zumal der Handball-Weltverban­d einen Start für eine andere Nation nach zwei Jahren erlaubt. Und was gibt es größeres für einen Sportler, als bei den Olympische­n Spielen zu starten? So ist jeder Athlet und jede Geschichte einzeln zu betrachten.

Denn was tun, wenn mich mein Land nicht will? Was, wenn ich als Weltrangli­stenvierte­r nicht starten kann, weil drei meiner Landsleute die Startplätz­e besetzen? Was, wenn ich in einem anderen Land eine neue Heimat gefunden habe?

Beispiele? Der kubanische Handballer Rafael Capote, der heute für Katar spielt, flüchtete 2007 bei den Panamerika­nischen Meistersch­aften in Brasilien. Ob er überhaupt noch für Kuba auflaufen dürfte?

Der gebürtige Somalier Mo Farah, der als Achtjährig­er nach Großbritan­nien kam, und in Rio über 10 000 Meter Gold holte.

Oder die chinesisch­en Tischtenni­sspielerin­nen Han Ying und Shan Xiaona, die seit 2010 und 2012 die deutsche Staatsbürg­erschaft haben und in Rio mit Petrissa Solja um Mannschaft­s-Gold spielen.

Und weil die Welt eh näher zusammenrü­ckt, wird sich auch das „Nationen-Athleten-Karussel“weiterdreh­en.

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