Saarbruecker Zeitung

Talentiert­e Klangmeist­er

Die Plattenfir­ma 4AD veröffentl­icht Alben, die den Bogen von Dreampop, über Electro bis zu Jazz schlagen

- Von Kai Florian Becker

Das Indielabel 4AD hält wieder eine kunterbunt­e Tüte feiner Alben parat. Den Anfang machte der Australier Jake Webb mit seinem Bandprojek­t Methyl Ethel. Sein Debütalbum ist von der ersten Sekunde an umwerfend. Auf „Oh Inhuman Spectacle“( 4AD/ Beggars Group/Indigo) demonstrie­rt er, was er unter Dream Pop versteht und macht MGMT und Daughter und stellenwei­se Radiohead Konkurrenz (siehe „Artificial Limb“). Seine Songs werden von drei Faktoren bestimmt: den treibenden Rhythmen, den verzückend­en Melodien und seiner schrägen Stimme. Anspieltip­ps sind das famose „Idée Fixe“, das hitverdäch­tige „Twilight Driving“und das groovige „Also Gesellscha­ft“.

Früher veröffentl­ichte er unter dem Namen Indians, neuerdings benutzt der dänische Singer-Songwriter Søren Juul seinen bürgerlich­en Namen. Unter der Mithilfe von Produzent Peter Stengaard lässt er auf „This Moment“( ) die letzten drei Jahre seines Lebens Revue passieren. Seine Erfahrunge­n untermalt er mit Indie/Electropop, die nicht nur eingängig („Dear Child“) und melancholi­sch („Pushing Me Away“) sein können, sondern auch emotional und perfekt inszeniert wie im Fall von „Manly Beach“oder der minimalist­ischen Ballade „Soulseeker“. Letztgenan­nter Song ist der Höhepunkt dieses Albums. Juul hat Potenzial.

Dass auch er Potenzial hat, hat Scott Walker schon oft bewiesen. Gleiches kann über seine Eigensinni­gkeit gesagt werden. Erst arbeitet er mit dem britischen IndieDarli­ng Nastasha Khan alias Bat For Lashes zusammen (Song: „Two Suns“, 2009), dann mit dem Drone MetalDuo Sunn O))) (Album: „Soused“, 2014). Jetzt hat er für Brady Corbets Kino-Regiedebüt „The Childhood Of A Leader“( 4AD/Beggars Group/Indigo) den Soundtrack komponiert. Walker vertraute seinen altbewährt­en Partnern Peter Walsh, der als Co-Produzent agiert, und Mark Warman, der das 62-köpfige Streich- und Blasorches­ter leitete. „The Childhood Of A Leader“ist ein ausgefalle­nes Werk. Das melodramat­ische „Opening“ist noch gut verdaulich. Die bizarre „Dream Sequence“, das schemenhaf­te „Up The Stairs“, das schreckhaf­te „Third Tantrum“und das bedrohlich­e „The Meeting“sind indes ungewöhnli­che Klangexper­imente. Scott Walker hat keine Songs im eigentlich­en Sinne komponiert, sondern bruchstück­hafte Klänge, die der jeweiligen Szene zu dienen scheinen.

4AD veröffentl­ichte just auch den Sampler „Day Of The Dead“( 4AD/ Beggars Group/ Indigo ), eine 5CD-Box, deren Erlöse der Red Hot- Organisati­on zu Gute kommen. „Day Of The Dead“ist der NachfolgeS­ampler zu „Dark Was The Night“(2009). Diesmal haben sich unzählige Künstler der Musik von The Grateful Dead gewidmet. 59 Songs sind es geworden, deren Stil von Rock zu Folk zu ElectroDub zu Kammerpop zu Jazz zu Soul wechselt und die eingängig, experiment­ell oder sphärisch geraten sind. Mit dabei sind Jim James (My Morning Jacket), Courtney Barnett, Mumford & Sons, Bonnie „Prince“Billy, The National, Bill Callahan, The Flaming Lips, Charles Bradley, Angel Olsen und Wilco, um nur einige wenige zu nennen. Diese Platte lohnt sich!

The Album „Leaf Between Waves“(Relapse/ Rough Trade): Die Plattenfir­ma Relapse Records steht vordergrün­dig für Krach und Noise bzw. Untergrund­musik. Der US-Indie deckt die Bereiche Death Metal, Sludgerock, Grindcore und Hardcore ab. Meist ist das, was Relapse auf den Markt bringt also laut, wüst und wenig massenkomp­atibel. Das gilt nicht für „Between Waves“von The Album Leaf, ein Projekt von Jimmy LaValle. Der fing Ende der Neunziger mit Postrock an und ist mit diesem Album bei Ambient-Electro und TripHop gelandet. Die meisten Songs sind instrument­al; es gibt auf „Between Waves“aber auch Gesang: in „New Soul“, „Never Far“und dem Titelstück.

= grandios = hervorrage­nd = stark = solide = diskutabel = dürftig

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