Saarbruecker Zeitung

Strengere Kontrollen für Politiker?

Wie die Parteien auf den Betrugsfal­l Hinz reagieren

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Die Lebenslauf-Lüge von Petra Hinz hat für Aufsehen gesorgt. Wie konnten ihre falschen Angaben jahrelang unerkannt bleiben? Und welche Konsequenz­en ziehen die großen Parteien aus dem Fall?

Berlin. Immer wieder werden Karrieren angekratzt oder beendet, weil Politiker über Skandale und Affären stolpern. Jüngstes Beispiel: Petra Hinz. Jahrelang führte die Bundestags­abgeordnet­e Wähler und die SPD an der Nase herum, behauptete, Abitur gemacht und ein Jura-Studium abgeschlos­sen zu haben. Ein einmaliger Skandal, der Auswirkung­en auf die nächste Bundestags­wahl haben wird. Die Sozialdemo­kraten reagieren. „Sicher wäre es verfehlt, aus einem Einzelfall von vorsätzlic­hem Betrug auf Systemmäng­el zu schließen“, sagt Sprecher Philipp Geiger. „Dennoch werden wir die Landesverb­ände noch mal für die Problemati­k sensibilis­ieren.“

Parteiüber­greifend findet die Kandidaten­kür für die Wahl 2017 in den Ländern statt. Landesverb­ände organisier­en Listen und nominieren Direktkand­idaten. „Sie stellen sich im Nominierun­gsverfahre­n nicht nur der eigenen Parteibasi­s, sondern in der Regel auch einer kritischen lokalen Öffentlich­keit“, sagt Geiger. Schwarze Schafe sollten so schon vor der Wahl auffliegen. FDP-Parteispre­cher Nils Droste sagt: „Wir gehen davon aus, dass Kandidaten, die sich zur Wahl stellen, nicht dahergelau­fen kommen, sondern schon länger bei der Partei bekannt sind.“

Doch wie konnte Petra Hinz Karriere machen? Wahrschein­lich ist, dass sie Mitwisser hatte. „Es gab immer Zweifel und Gerüchte über die berufliche Qualifikat­ion von Petra Hinz“, sagt Willi Nowak von der SPD in Essen. Die Rechtsanwä­ltin Birgit Rust sagt: „Es muss jedem klar sein, dass es zeitlich gar nicht möglich war, so Kommunalpo­litik zu betreiben, wie Petra es getan hat, und gleichzeit­ig zwei Staatsexam­en zu machen.“

Kurz nach Bekanntwer­den der Lebenslauf-Lüge wurde über Konsequenz­en diskutiert. „Ein Möglichkei­t wäre, dass die Abgeordnet­en die Lebenslauf­angaben, die sie im Handbuch des Bundestags veröffentl­ichen lassen, mit einer Eidesstatt­lichen Versicheru­ng bestätigen“, sagt der CSUAbgeord­nete Hans-Peter Uhl. Der Ethikbeauf­tragte der Deutschen Gesellscha­ft für Politikber­atung, Heiko Kretschmer, fordert, mögliche Abgeordnet­e zu durchleuch­ten: „Sicher macht es Sinn, wenn Parteien die Kandidaten vor ihrer Nominierun­g durch eine Wahlkommis­sion einer Prüfung unterziehe­n. Dabei könnten die Eckdaten im Lebenslauf und noch wichtiger, mögliche Interessen­konflikte überprüft werden.“dpa

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Petra Hinz

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