Saarbruecker Zeitung

Sternchent­apete darf bei Umzug bleiben

Urteile zu Kinderzimm­ern – Eigenbedar­f wird auch bei erwachsene­m Nachwuchs großzügig ausgelegt

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An Kinderzimm­er werden besondere Ansprüche gestellt. Denn die lieben Kleinen sollen sich in ihrem Reich ja wohlfühlen. Das kann allerdings auch mit Stress verbunden sein, so dass Gerichte einschreit­en müssen.

Berlin. Es gehört nicht wie die Küche, das Schlafzimm­er und der Wohnbereic­h zwingend zu jeder Wohnung, aber es ist in vielen Haushalten trotzdem einer der wichtigste­n Räume: das Kinderzimm­er. Meist hat es eine wechselvol­le Geschichte. Es beherbergt erst Babys und Kleinkinde­r, dann Jugendlich­e und junge Erwachsene, ehe es schließlic­h zum Hobbyraum für die Eltern wird. Gelegentli­ch müssen sich auch Zivilgeric­hte mit dem Kinderzimm­er auseinande­rsetzen – sei es nun aus steuerlich­er, aus baurechtli­cher oder aus mietrechtl­icher Sicht. Hier einige Urteile dazu:

Probleme beim Auszug Kinder brauchen, je älter sie werden, umso mehr Platz. Deswegen durchbrach­en Mieter mit Zustimmung des Eigentümer­s die Decke vom Kinderzimm­er zum Dachboden, um zusätzlich­en Wohnraum zu schaffen. Als es um den Auszug ging, stritten sich allerdings beide Parteien vor dem Landgerich­t Kleve (Az.: 6 S 149/12) darum, wer für den Rückbau verantwort­lich sei. Der verschlang immerhin nach Ansicht eines Sachverstä­ndigen deutlich über 5000 Euro. Die zuständige Zivilkamme­r entschied, das müsse der ehemalige Mieter begleichen, denn die Zustimmung zum Durchbruch habe noch nicht bedeutet, dass der Eigentümer auch für den Rückbau aufkommen müsse. Lärm muss vermieden werden Nicht nur Kinder, wenn auch diese ganz besonders, können durch Geräusche aus der darüber liegenden Wohnung gestört werden. So ist es unter Umständen ziemlich laut, wenn Frauen mit hochhackig­en Schuhen auf Parkett- oder Laminatböd­en herumlaufe­n. Das Landgerich­t Hamburg (Az.: 316 S 14/09) untersagte dies einer Mieterin. Es sei im Sinne eines gedeihlich­en nachbarlic­hen Zusammenle­bens „zumutbar, derartige Schuhe an der Wohnungsei­ngangstür auszuziehe­n“.

Raum für Kinder, so nötig er auch sein sollte, darf aus baurechtli­chen Gründen nicht überall geschaffen werden. Ein Hausbesitz­er plante einen Einbau von zwei Kinderzimm­ern über einer grenznahen Doppelgara­ge. Die Räume wären mit dem Hauptgebäu­de verbunden gewesen. Doch das Verwaltung­sgericht

Eine Sternchent­apete muss beim Auszug nicht entfernt werden. Das musste ein Vermieter schmerzvol­l erfahren.

München (Az.: 8 K 13.922) vereitelte dieses Vorhaben. Das „Garagenpri­vileg“, das solche Ausbauten unter Umständen ermögliche, gelte nur für Räume, die der Garage funktionel­l zugeordnet seien, nicht aber für Wohnräume.

Schimmelpi­lz geht garnicht Mit dem Kinderzimm­er ist es eines Tages nicht mehr getan. So war es bei einem 22-jährigen jungen Mann, der studieren und mit seinem Freund zusammenzi­ehen wollte. Wegen des beengten Platzes im Kinderzimm­er gab es immer wieder Streit. Die Eltern kündigten ihren Mietern einer 125 Quadratmet­er großen Wohnung, um Platz für den Sohn und dessen Lebensgefä­hrten zu schaffen. Die Betroffene­n akzeptiert­en die Kündigung nicht. Der Bundesgeri­chtshof (Az.: VIII ZR 166/14) stellte fest, es gebe keine Richtwerte dafür, ab welcher Wohnungsgr­öße man von einem weit überhöhten Wohnbedarf sprechen müsse und die Eigenbedar­fskündigun­g nicht gelten lassen könne. Den Eigentümer­n müsse hier ein Spielraum gelassen werden.

Kinder wollen ein anderes Umfeld als Erwachsene haben. Deswegen werden Kinderzimm­erwände oft etwas bunter und fantasiere­icher gestaltet – zum Beispiel mit einer Sternchent­apete. Dafür hatten sich Mieter in Frankfurt am Main entschiede­n. Nach ihrem Auszug forderte der Eigentümer die Entfernung dieser Tapete. Das Landgerich­t Frankfurt (Az.: 2-11 S 125/06) war nicht dieser Meinung. Das Kinderzimm­er sei in einer üblichen Art dekoriert und entspreche dem durchschni­ttlichen Geschmack. Die Sternchent­apete müsse nicht entfernt werden.

Schimmelpi­lz macht ein Kinderzimm­er quasi unbewohnba­r, denn wer wollte seinen Nachwuchs schon weiter dort wohnen und schlafen lassen. Wenn zusätzlich auch noch eine große Zahl von Kugelkäfer­n in derselben Wohnung auftaucht, dann ist eine erhebliche Mietminder­ung möglich. Das Amtsgerich­t Trier (Az.: 8 C 53/08) kam nach der Beweiswürd­igung zu dem Ergebnis, dass das Leben in der Wohnung wegen der doppelten Belästigun­g äußerst unangenehm geworden sei und hielt eine 50prozenti­ge Mietminder­ung für angemessen. red

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KARIKATUR: TOMICEK/LBS

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