Die ganz große Bühne zum Abschied
Traumziel Maracanã: DFB-Frauen kämpfen um Gold – Letztes Spiel für Trainerin Neid
Nach elf Jahren im Amt wäre Gold im Maracanã für Bundestrainerin Silvia Neid zum Abschied die absolute Krönung. Weiter unklar ist, ob die Saarbrückerin Dzsenifer Marozsan für das Finale fit wird.
Rio de Janeiro. Ihre Abschiedsvorstellung im legendären Maracanã möchte Silvia Neid in vollen Zügen genießen. „Ich werde jede Minute dieses Spiels aufsaugen“, sagt die Fußball-Bundestrainerin voller Vorfreude. Denn wenn die DFB-Spielerinnen heute (22.30 Uhr) im Finale gegen Schweden um Olympia-Gold kämpfen, wird die 52-Jährige in ihrem 180. und letzten Spiel auf der deutschen Trainerbank ganz besondere Emotionen durchleben. „Das kann und will ich nicht ausblenden“, sagt sie.
Nach elf Jahren im Amt und über 30 Jahren Nationalmannschaft wäre der erste Olympiasieg der krönende Abschluss für Neid, die die Geschichte des deutschen Frauenfußballs mitgeschrieben hat wie keine andere. Dass mit dem erstmaligen Finaleinzug durch das klare 2:0 gegen Kanada noch einmal Historisches gelang, löste große Dankbarkeit aus: „Ich freue mich, dass die Mannschaft mir geschenkt hat, dass ich hier sechs Spiele erleben darf.“
Als Spielerin, Assistentin und Cheftrainerin war sie beim zweimaligen Welt- und achtmaligen Europameister an allen Titeln beteiligt. Doch seit dem Debakel bei der Heim-WM 2011 wurde sie auch immer wieder scharf kritisiert – zuletzt nach Platz vier bei der WM 2015. Umso größer ist nun die Genugtuung über den Final-Einzug am Zuckerhut, wo vor der Staffelübergabe an Steffi Jones der letzte fehlende Titel her soll.
Fragt man die Spielerinnen nach Neids Art als Trainerin, folgt häufig die gleiche Ant- wort. „Eine akribische Arbeiterin“sei sie gewesen, sagt Saskia Bartusiak. Neid habe stets „gefordert und gefördert“, meint Melanie Behringer: „Wir würden ihr Gold zum Abschluss total gönnen.“Nicht zuletzt, weil Neid sich seit dem Tiefpunkt vor fünf Jahren in der Zusammenarbeit mit ihren Schützlingen verändert hat. „Sie hat sich uns gegenüber mehr geöffnet“, sagt die 100malige Nationalspielerin Bartusiak, die mit ihren Teamkolleginnen nach der Ankunft in Rio am Mittwoch erst mal das Olympische Dorf erkundete und Erinnerungsfotos schoss.
Nach dem Abpfiff in der Stätte des WM-Triumphs der Männer 2014 beginnt im deutschen Frauenfußball eine neue Zeitrechnung. Der früheren DFBDirektorin Jones schlug wegen mangelnder Praxis viel Skepsis entgegen. Neid, die im DFB die Scoutingabteilung für Frauenund Mädchenfußball aufbauen wird, nahm Jones daher im vergangenen Herbst in ihren Trainerstab auf. „Die Steffi“, sagt Neid, „wird einen guten Job machen. Es wird einen nahtlosen Übergang geben.“
Unangenehmer Gegner Bevor aber die Novizin übernimmt, genießen noch einmal zwei „alte Hasen“(Neid) das Rampenlicht. Denn auf der Gegenseite steht die schwedische Fußball-Ikone Pia Sundhage, die ihr Team mit einer MauerTaktik ins Finale führte – und so die Top-Favoriten USA und Brasilien jeweils im Elfmeterschießen aus dem Turnier warf. Neids Abschiedsgala könnte also durchaus länger dauern.
Nach wie vor ist dabei aber unklar, ob Mittelfeldspielerin Dzsenifer Marozsan auflaufen kann. Die Saarbrückerin musste gegen Kanada zur Pause wegen einer Muskelverhärtung im Oberschenkel ausgewechselt werden. So oder so hat sie als bisher einzige Saarländerin eine Medaille sicher. Es könnte eine goldene werden.