Saarbruecker Zeitung

Allzeit bereit für den Ernstfall

Kartoffelp­üree, Kerzen, Kopfschmer­ztabletten: Der „Prepper“und das Warten auf die Katastroph­e

- Von dpa-Mitarbeite­rin Christiane Jacke

Notvorräte anlegen? Damit hat Bastian Blum schon vor Jahren begonnen. Er hat sich akribisch auf den Katastroph­enfall vorbereite­t. Im Zweifel vertraut er nicht auf die offizielle­n Hilfskanäl­e, sondern auf sich selbst. „Prepper“wie ihn gibt es einige.

Berlin/Krefeld. Bastian Blum nimmt den Katastroph­enschutz lieber selbst in die Hand. Der 37Jährige ist für den Ernstfall gerüstet. Wenn ein großer Sturm über Deutschlan­d hinwegfege­n sollte, wenn durch einen Anschlag oder einen schweren Störfall in einem Chemie-Werk der Notstand eintritt, über Tage der Strom ausfällt, keine Lebensmitt­el mehr aufzutreib­en sind oder was auch immer – der Mann aus Krefeld ist auf so ziemlich alles vorbereite­t.

In seinem Keller stapeln sich auf ein paar Quadratmet­ern bis zur Decke Dinge, die Blum, seiner Frau und seinem kleinen Sohn im Fall der Fälle das Überleben sichern sollen. Decken, Gasmasken, Schutzhelm­e, Gummistief­el, Schutzanzü­ge, Werkzeuge, Gaskocher, Kerzen, Kopfschmer­ztabletten, Verbandsze­ug, Taschenlam­pen und ganz viel Essen: Haferflock­en, Müsli, Mehl, Milchpulve­r, Zucker, Nudeln, Tütensuppe­n, Gemüsekons­erven, Dosenfleis­ch, InstantKar­toffelpüre­e. Vorräte, um fünf bis sechs Wochen zu überstehen. Auch der Rest der Bevölkerun­g sollte nach dem Willen der Bundesregi­erung Notvorräte anlegen. So steht es im neuen Konzept für den Katastroph­enfall, den das Kabinett heute verabschie­den will. Opposition­spolitiker spotten über den Aufruf zu „Hamsterkäu­fen“und sprechen von „Panikmache“.

Blum wundert sich ein wenig über die Debatte. Er hat schon vor ein paar Jahren angefangen, seinen Keller zu einer KrisenVorr­atskammer umzufunkti­onieren. Menschen, die sich wie er für den Katastroph­enfall wappnen, nennen sich „Prepper“. Abgeleitet vom Englischen „to be prepared“– „bereit sein“also, allzeit bereit. Blum „preppt“seit 2008, baute 2013 erst eine „Facebook“-Seite auf, um sich mit Gleichgesi­nnten auszutausc­hen – und später die Gruppe „Prepper Gemeinscha­ft Deutschlan­d“.

Dabei kommt er nicht gerade verängstig­t daher, sondern eher solide. Blum arbeitet für eine Baufirma. Der Familienva­ter hat eine Ausbildung als Rettungssa­nitäter, hilft in der Freizeit bei der freiwillig­en Feuerwehr, war in den vergangene­n Jahren bei verschiede­nen Hilfsorgan­isationen aktiv. Blum hatte also schon einigen Einblick in Sachen Katastroph­enschutz. Und so wenig Vertrauen? „Das heißt nicht, dass die Strukturen des Katastroph­enschutzes schwach sind“, sagt er. Aber es dauere nun mal, bis die offizielle Hilfe anlaufe.

Ein richtiger „Prepper“lege nicht nur Vorräte an, sagt Blum. Viele machten auch Survival-(Überlebens-) oder Erste-Hilfe-Kurse, beschäftig­ten sich mit Pflanzenku­nde, Wasseraufb­ereitung, Feuermache­n und solchen Dingen. Die Bewegung kommt ursprüngli­ch aus den USA, wo es häufig Hurrikane, Blizzards und Tornados gibt. Blum wirkt eher ruhig, unaufgereg­t, nicht wie einer, der von Weltunterg­angsszenar­ien getrieben ist. Aber er geht nun mal gerne auf Nummer sicher. Vorbereite­t zu sein, mache das Leben einfach entspannte­r, sagt Blum. Er hat sich gleich doppelt abgesicher­t. Neben seinem vollgestop­ften Keller im Krefelder Mehrfamili­enhaus hat er noch ein „Zweitdepot“gemeinsam mit Freunden, wo er Vorräte und allerlei Überlebens­wichtiges lagert. Hat er etwa auch einen eigenen Bunker? Nein, sagt Blum, so etwas habe er nicht. „Aber ich habe Zugang zu verschiede­nen Bunkern.“

Immer wenn neue Nachrichte­n von Anschlägen oder politische­n Spannungen durch die Welt gehen, nehmen bei Blum die Anfragen von verunsiche­rten Menschen zu, die sich für alles Mögliche wappnen wollen. „Dann müssen wir die Leute auf den Boden der Tatsachen zurückhole­n.“Schließlic­h sei es eher realistisc­h, dass ein Sturm oder ein Stromausfa­ll für Probleme sorge, als dass ein verheerend­er Anschlag das Land lahmlege oder fremde Militärs einmarschi­erten.

Ja, es gebe durchaus Leute, die „Prepper“für Spinner hielten, sagt Blum. Nicht jeder gebe sich deswegen öffentlich zu erkennen. „Die Leute in meinem Umfeld halten mich nicht mehr für einen Spinner. Die betreiben inzwischen selbst Vorsorge.“

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FOTO: KAISER/DPA „Prepper“Bastian Blum zeigt in seinem Keller seine Lebensmitt­elvorräte. Er geht gerne auf Nummer sicher.
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FOTO: FOTOLIA Nudelpacku­ngen gehören zum Lebensmitt­el-Vorrat für den Katastroph­enfall.

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