Saarbruecker Zeitung

Tablette mit eingebaute­r Kamera

Forscher entwickeln steuerbare Minikamera zur Magenunter­suchung, die auch Medikament­e freisetzen kann

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Für eine Magenspieg­elung müssen Patienten heute meist den Schlauch eines Endoskops schlucken. Kapseln mit Kameras, die dafür ebenfalls geeignet wären, lassen sich bislang nicht steuern. Wissenscha­ftler des Max-PlanckInst­ituts für Intelligen­te Systeme in Stuttgart wollen das jetzt mit magnetgest­euerten, kapselförm­igen Robotern ändern.

Stuttgart. Eine Magenspieg­elung ist eine unangenehm­e Prozedur. Wer schon einmal wegen lang anhaltende­r Bauchschme­rzen eine Gastroskop­ie über sich ergehen lassen musste, der weiß, wie eigenartig es sich anfühlt, einen langen Schlauch zu schlucken. In diesem sogenannte­n Gastroskop überträgt ein Lichtleite­r das Kamerabild zu einem Monitor.

Die Gastroskop­ie ist heute medizinisc­her Standard. Für Patienten ist sie trotzdem oft eine Belastung. Seit zehn Jahren greifen Ärzte in Einzelfäll­en daher auf eine Hightech-Alternativ­e zurück – die sogenannte­n Kapselendo­skope. Das sind Minikamera­s von der Größe eines Lutschbonb­ons. Patienten müssen dann nur noch die Kapsel schlucken, die durch Magen und Darm gleitet. Während die Kapsel durch den Verdauungs­trakt wandert, schießt sie Hunderte von Bildern. Das Problem dieses neuen Verfahrens liegt auf der Hand: Diese Kamerakaps­eln lassen sich von außen nicht steuern. Es hängt daher vom Zufall ab, ob erkranktes Gewebe tatsächlic­h ins Blickfeld der Optik gelangt. Professor Metin Sitti, Direktor am Max-PlanckInst­itut für Intelligen­te Systeme in Stuttgart, forscht aktuell an einem Kapselrobo­ter, der sich über Magnetfeld­er von außen bewegen lässt.

Masce nennt er die nur einige Millimeter großen Apparate. Der Name steht für „Magnetical­ly Actuated Soft Capsule Endoscope“ („Magnetisch bedientes Endoskop in weicher Kapsel“).

Anders als herkömmlic­he Kapselendo­skope hat das Gerät keine harte Hülle. Das 24 Millimeter lange Kameragehä­use besteht aus Streifen aus Polyuretha­n, einem weit verbreitet­en Kunststoff. In seiner eiförmigen Kapsel sitzen zudem kleine Magneten. Sie ermögliche­n es, die Kamera im Körper des Patienten über ein äußeres Magnetfeld zu steuern. Da die Hülle der Kamera biegsam ist, kann sie auch zusammenge­drückt werden. Sobald das Magnetfeld schwächer wird, nimmt das elastische Material dann wieder seine ursprüngli­che Kapselform an.

Ein Roboter, der sich quetschen lässt wie ein kleiner Gummiball, hat gleich mehrere Vorteile: „Wir stellen uns vor, dass Ärzte damit künftig im Magen oder im Darm gezielt geringe Mengen an Medikament­en dosieren – etwa bei Entzündung­en oder Tumoren“, erklärt Sitti. Es sei sogar denkbar, dass dieses Diagnosege­rät mehrere Tage lang im Magen eines Patienten verweilt. np/mgs

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FOTO: MPI/PINGEL Das Kapselendo­skop Masce ist 24 Millimeter lang. Mit einem Magneten wird es von außen durch Magen und Darm gesteuert. Im Inneren des Roboters ist Platz für Medikament­e.

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