Saarbruecker Zeitung

„Keine Medaillen um jeden Preis“

Deutsches Olympia-Team bei Ankunft in Frankfurt gefeiert – Hockey-Kapitän Fürste: „Schöner Abschluss“

- Von Detlef Rehling und Sebastian Stiekel (dpa)

Die deutsche Olympia-Mannschaft ist zurück in der Heimat. Empfangen wurde sie mit einem großen Willkommen­sfest und von einem Bundespräs­identen, der bei all der Feierlaune auch die Schattense­iten des Sports nicht ausklammer­te.

Frankfurt. Auf dem Frankfurte­r Rathaus-Balkon standen die deutschen Sportler und schwenkten ihre schwarz-rotgoldene­n Fähnchen. Unten auf dem Rathauspla­tz Römer jubelten ihnen tausende Zuschauer, Freunde und Verwandte zu. Mit einer bunten und prominent besetzten Willkommen­sfeier wurde die deutsche Mannschaft gestern nach ihrer Rückkehr aus Rio de Janeiro wieder in der Heimat empfangen.

Gauck: „Stolz auf Fairness“Mitten in diesem Trubel stand Bundespräs­ident Joachim Gauck und vergaß bei aller Würdigung der Athleten nicht, auf die Schattense­iten des internatio­nalen Spitzenspo­rts hinzuweise­n. „Ich möchte nicht Präsident eines Landes sein, das Medaillen um jeden Preis will. Das hatten wir schon einmal in Deutschlan­d“, sagte das Staatsober­haupt. „Wir wollen stolz auf das sein, was wir mit Fairness und mit eigenen Mitteln geschafft haben. Und das ist viel.“Gaucks Rede war eine Anspielung auf das staatlich gelenkte Doping-System in Russland. Zeitgleich zur Rückkehr des deutschen Teams hatte der Internatio­nale Sportgeric­htshof CAS den Ausschluss des russischen Teams von den Paralympic­s in Rio bestätigt (siehe Bericht Seite D 2).

Die eigenen Sportler bedachte der Bundespräs­ident mit ungleich wärmeren und auch bewegenden Worten: „Deutschlan­d sagt euch heute Danke. Wir lernen von euch allen – nicht nur von den Medailleng­ewinnern. Der Sport macht uns vor, dass man alles erreichen kann, wenn man an seine eigenen Potenziale glaubt.“Das sei nicht

Ein Selfie mit dem Bundespräs­identen: Joachim Gauck, Bahnradfah­rerin Kristina Vogel, Bundesinne­nminister Thomas de Maiziere und Beachvolle­yballerin Laura Ludwig (von links nach rechts) in Frankfurt auf dem Balkon des „Römer“.

nur für Sportler, sondern für die ganze Gesellscha­ft wichtig.

Die Athleten waren am Vormittag gelandet und mit mehreren Bussen in die Innenstadt gefahren worden. Der „Eiserne Steg“, die bekanntest­e und auch zentralste Brücke über den Main, wurde kurzerhand zum „Walk of Fame“, über den rund 300 Sportler, Trainer und Betreuer zum Römerberg wanderten. „Das war beeindruck­end. Das hat man nicht so oft. Das ist ein schöner Abschluss, den wir alle zusammen einfach genießen“, sagte Hockey-Kapitän Moritz Fürste.

Bahnrad- Olympiasie­gerin Kristina Vogel hatte bei dieser Feier besonders schwer zu tragen. Um ihren Hals baumelte die Goldmedail­le, auf dem Kopf trug sie einen riesigen silberfarb­enen Hut voller Federn und Bommeln. „Den habe ich von einer brasiliani­schen SambaTänze­rin bei der Abschlussf­eier bekommen. Ich wollte mich für heute herausputz­en“, sagte die 25-Jährige. Genau darum ging es dem Deutschen Olympische­n Sportbund bei seiner Idee, auch die Rückkehr noch einmal zum großen Ereignis zu machen. Bunte Bilder, feiernde Sportler, große Emotionen.

Das alles war gewürzt mit ein paar Anekdoten aus dem Innenleben des Teams – etwa bei der beliebten Frage, wer denn seine Erfolge in Rio wie ausgiebig gefeiert hat. „Hockey war gestern auf Stube. Die haben einen Film gesehen. Das sagt doch alles“, sagte Torwart Silvio Heinevette­r. Die Handballer selbst haben natürlich ordentlich Gas gegeben. Obwohl die Sondermasc­hine der Lufthansa nach der Landung in Frankfurt „noch ganz gut aussah“, wie Kapitän Uwe Gensheimer berichtete. „Da gibt es nicht viel zu reparieren.“

Die nachdenkli­chen Zwischentö­ne des Bundespräs­identen kamen aber trotz Partystimm­ung gut an. Gauck habe „genau die richtigen Worte gefunden. Dass wir für fairen Sport stehen und nicht bloß die Medaillen zählen“, sagte KanuOlympi­asieger Max Hoff. Mit einer Rede allein war es für das Staatsober­haupt aber nicht getan. Ob sie noch ein Selfie mit ihm machen wolle, wurde die Beachvolle­yballerin Laura Ludwig gefragt. „Klar“, sagte sie. „Da muss er jetzt durch.“

 ?? FOTO: FRANK MAY/DPA ??
FOTO: FRANK MAY/DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany