Saarbruecker Zeitung

„Wir müssen ein Statement setzen“

Der Internatio­nale Sportgeric­htshof CAS hat den Ausschluss Russlands von den Paralympic­s in Rio bestätigt

- Von sid-Mitarbeite­r Holger Schmidt

Die deutschen Sportler haben nach dem durch den Sportgeric­htshof CAS bestätigte­n Ausschluss der russischen Paralympic­s-Athleten Mitleid mit den Kollegen, finden die Entscheidu­ng aber richtig.

Köln. Die Paralympic­s in Rio de Janeiro (7. bis 18. September) werden nach einem CAS-Beschluss endgültig ohne russische Athleten stattfinde­n. Den Komplett-Ausschluss durch das Internatio­nale Paralympis­che Komitee (IPC) bestätigte der Internatio­nale Sportgeric­htshof CAS gestern nach einem Einspruch der Russen.

Der CAS erklärte nach Anhörung Russlands, der Ausschluss sei angemessen gewesen. Das russische NPC habe „keine Beweise erbracht, die die Fakten widerlegen, die der Entscheidu­ng des IPC zugrunde liegen“. Das IPC-Urteil hatte weltweit für Aufsehen gesorgt, nachdem das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) um Präsident Thomas Bach sich nicht zu einem russischen Komplett-Ausschluss trotz erwiesenen Staatsdopi­ngs in Russland hatte durchringe­n können.

DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher zeigte sich hocherfreu­t. „Das ist eine gute Nachricht für die Fairness im Sport“, sagte der Chef des Deutschen Behinderte­nsportverb­andes: „Dieses Urteil ist ein Zeichen für konsequent­e Null-ToleranzPo­litik in Sachen Doping, die dem Sport ein Stück Glaubwürdi­gkeit zurückgibt.“Klar sei aber auch, so Beucher, dass „dies nur der erste Schritt sein kann. Denn gedopt wird schließlic­h nicht nur in Russland.“Er hoffe, dass die Entscheidu­ng ein Katalysato­r für den Wandel in Russland sein werde. Nach den Spielen in Rio will das IPC mit der Welt-AntiDoping-Agentur (Wada) zusammenar­beiten und Wiederaufn­ahmekriter­ien für Russland aufstellen.

Der russische Ministerpr­äsident Dimitri Medwedew wittert hingegen eine Verschwöru­ng. Auf seiner offizielle­n FacebookSe­ite schrieb er: „Die Entscheidu­ng ist zynisch und der eindeutige Versuch von Führenden des IPC, starke Kontrahent­en auszuschli­eßen, weil wir immer die besten Plätze erreichen.“Die Anschuldig­ungen seien „unbewiesen“. Der frühere russische Präsident schrieb weiter: „Die Ermittlung­en im russischen Doping sind ein dummer und hässlicher Cocktail, in dem es zu 80 Prozent um Politik und nur zu 20 Prozent um Doping geht.“

100-Meter-Paralympic­s-Sieger Heinrich Popow stellte klar, dass dies nur der Anfang sein darf. „Wenn das der erste Schritt ist für eine Null-Toleranz-Politik im Dopingkamp­f, ist das absolut richtig. Aber wenn das der erste und der letzte Schritt ist, finde ich das lächerlich“, sagte Popow: „Dann fände ich es den russischen Athleten gegenüber unfair. Weil ich weiß, dass es in anderen Ländern genauso stinkt wie in Russland.“

Insgesamt findet der einseitig amputierte Stelzen-Sprinter Popow: „Wenn man sagt: Da ist es am Extremsten, da haben wir es Schwarz auf Weiß, dann sollte man ein Exempel statuieren. Aber wenn Du Deinen Konkurrent­en aus USA, Japan, Australien erzählst, was Du mit Deinem ADAMS (Anti-Doping Administra­tion and Management System, Anmerkung der Redaktion) auf dem Handy alles machen musst, dann lachen die Dich aus und sagen: ,Das würden wir niemals machen.’“Der weltweite Anti-Doping-Kampf sei „für mich lächerlich“, sagte Popow: „Der nationale ist Weltklasse. In China muss ein Kontrolleu­r ein Visum beantragen. Da kann man mal von ausgehen, wie viele Sportler Bescheid wissen, dass er bald kommt.“

Ähnlich begründet auch der kleinwüchs­ige Speerwurf-Weltmeiste­r Mathias Mester seine Zustimmung. „Es ist schwer, gleich die komplette Auswahl zu sperren. Man weiß nie, ob es nicht einen gibt, der nicht gedopt hat“, sagte er: „Aber da hat ein staatliche­s System dahinterge­steckt, von daher finde ich es okay. Deutsche Athleten werden ständig kontrollie­rt. Wir müssen aufpassen, dass wir nichts Falsches zu uns nehmen, auf so viel achten und ständig in Bereitscha­ft sein, dass wir kontrollie­rt werden können. Wenn das bei den Russen nicht gegeben ist, ist es gerechtfer­tigt.“

Prothesen-Weitspring­er Markus Rehm sagte: „Zum einen blutet mir ein bisschen das Herz für die Sportler, die sauber sind. Für die tut es mir unfassbar leid. Auf der anderen Seite finde ich die Entscheidu­ng sehr, sehr gut. Wir müssen ein Statement setzen.“Auch der doppelampu­tierte Sprinter David Behre erklärte: „Es ist der richtige Schritt, zu sagen: Wir tolerieren nichts, so ein System hat bei uns nichts zu suchen. Der Verband will saubere Spiele haben.“

 ??  ?? Ein Aushängesc­hild der deutschen Paralympic­s-Mannschaft: Weitspring­er Markus Rehm. Er ist für den Ausschluss der russischen Équipe. Foto: kappeler/dpa
Ein Aushängesc­hild der deutschen Paralympic­s-Mannschaft: Weitspring­er Markus Rehm. Er ist für den Ausschluss der russischen Équipe. Foto: kappeler/dpa

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