Saarbruecker Zeitung

Schlechte Straßen im Saarland kosten Handwerker Millionen

Saarland fällt in der Verkehrspo­litik immer weiter zurück

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Saarbrücke­n. Die Sperrung der Fechinger Talbrücke für Lkw über 3,5 Tonnen sowie stundenlan­ge Zeitverzög­erungen durch Staus und Baustellen verursache­n den saarländis­chen Handwerksb­etrieben Mehrkosten im hohen zweistelli­gen Millionenb­ereich. Das teilte Handwerksk­ammerPräsi­dent Bernd Wegner gestern mit. Er fordert das Land auf, den Schwerpunk­t der Investitio­nen auf die Erneuerung der Straßen zu legen. Sonst seien die Wettbewerb­sfähigkeit der Betriebe und die Zukunft des Wirtschaft­sstandorte­s gefährdet. Die Kammer hatte 1400 Betriebe zum Zustand der Straßen befragt.

Als einen attraktive­n Standort im Herzen Europas preist die Landesregi­erung unsere Region allzu gerne. Nur: Wer zu uns kommen will, braucht viel Geduld, Nerven und Humor. Macht er sich per Bahn auf den Weg, findet er sich nach der Streichung einer ICE-Verbindung auf der Strecke FrankfurtP­aris womöglich in einer Regionalba­hn wieder. Da bleibt mehr als genug Zeit, die Gegend kennenzule­rnen: Gehalten wird „an jeder Milchkanne“von Frankenste­in bis Schafbrück­e. Etwas zu essen, zu trinken oder zu lesen bekommt man in diesen Zügen nicht, auch keinen Internet-Anschluss. Traurige Zustände etwa für Unternehme­r, die während der Fahrt womöglich über ein Engagement oder eine Ansiedlung an der Saar nachdenken.

Mehr Zeit als geplant verbringen Reisende derzeit auch am Flughafen Berlin-Tegel, wenn sie von dort an die Saar fliegen wollen. Viele der Maschinen heben deutlich verspätet ab – oder überhaupt nicht. Ob Air Berlin angesichts ihrer wirtschaft­lichen Schwierigk­eiten Saarbrücke­n auch längerfris­tig noch ansteuern wird, ist offen. Hat die Landesregi­erung für diesen Fall überhaupt einen „Plan B“? Zu hören ist davon nichts.

Wer die Nerven hat, mit dem Auto an die Saar zu reisen, der entdeckt den Panoramabl­ick auf die Landeshaup­tstadt von der Fechinger Talbrücke aus bei Dauer-Tempo 60. Oder er versauert auf der Umleitung im Stau, so wie alle Lkw über 3,5 Tonnen. Bei Speditione­n, IndustrieU­nternehmen und Handwerksb­etrieben hat das bereits zusätzlich­e Millionenk­osten verursacht.

Die Verkehrspo­litik an der Saar und die „Durchsetzu­ngskraft“der Landesregi­erung im Kampf gegen all diese Zustände entspreche­n dem, was gängige Vorurteile über das Saarland besagen: tiefste Provinz. Und der Verkehrs-Entwicklun­gsplan für den Öffentlich­en Personenna­hverkehr, den Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger jetzt auf den Weg bringen will, wird wohl auch nicht der große Wurf werden. Denn zu viele Verkehrsun­ternehmen und damit zu viele Eigeninter­essen sind da am Verhandlun­gstisch versammelt.

Was muss getan werden? Investitio­nen sollten vorrangig in die Erneuerung der Straßen fließen sowie in den zügigen Breitband-Ausbau zur Internet-Nutzung. Denn Unternehme­n brauchen freie Fahrt auf der Datenautob­ahn. Baustellen müssen besser zwischen Land und Kommunen koordinier­t und deutlich früher bekannt gegeben werden. Weil bei der Verbesseru­ng der Bahnverbin­dungen fürs Saarland zumindest bis 2020 der Zug abgefahren ist, sollte sich das Land wenigstens um zuverlässi­ge Flugverbin­dungen kümmern. Bevor in Ensheim die nächste Großbauste­lle entsteht. Verkehrspo­litik muss in der Landesregi­erung dringend einen deutlich höheren Stellenwer­t bekommen.

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Von Thomas Sponticcia

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