Saarbruecker Zeitung

Politiker machen sich für Steuersenk­ung stark

SPD plädiert gegen pauschale Steuersenk­ung

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Der Rekordüber­schuss des Staates weckt Begehrlich­keiten. Ein Jahr vor der Bundestags­wahl fordern Politiker, einen Teil an die Bürger weiterzuge­ben.

Wenn der Staat schwarze Zahlen schreibt, kommt der Ruf nach Steuersenk­ungen schnell. Wie die überschüss­igen Milliarden am besten eingesetzt werden, ist umstritten – auch innerhalb der Parteien.

Berlin. Die SPD lehnt trotz des Milliarden-Überschuss­es im Staatshaus­halt Steuergesc­henke für alle ab. Stattdesse­n sollten gezielt kleine und mittlere Einkommen entlastet werden, sagte Fraktionsc­hef Thomas Oppermann gestern am Rande seiner Sommerreis­e im Harz. „Allgemeine Steuersenk­ungen, von denen auch Spitzenver­diener profitiere­n, sind nicht angesagt.“Offen zeigte er sich für den Vorschlag des niedersäch­sischen Ministerpr­äsidenten Stephan Weil (SPD), den Spitzenste­uersatz später greifen zu lassen. Eine Einkommens­grenze „unter 60 000 Euro“sei dafür zu früh.

Weil rief die Sozialdemo­kraten in der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“auf, der Union das Thema Steuersenk­ung nicht zu überlassen. „Ich halte einen deutlich zweistelli­gen Milliarden­betrag als Entlastung für realistisc­h“, sagte er.

Das Statistisc­he Bundesamt hatte am Vortag mitgeteilt, dass Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkass­en nach vorläufige­n Berechnung­en 18,5 Milliarden Euro mehr eingenomme­n als ausgegeben hätten. Ein Sprecher des Finanzmini­steriums hatte erklärt, der Überschuss sei auf „solide Haushaltsp­olitik“zurückzufü­hren. Allerdings könne man aus dem Halbjahres­ergebnis nicht auf das gesamte Jahr schließen. Der Wirtschaft­sflügel der Union hatte dennoch Steuerentl­astungen gefordert.

Die SPD will im kommenden Jahr mit einem Konzept für mehr Steuergere­chtigkeit in den Bundestags­wahlkampf ziehen. Parteichef Sigmar Gabriel

hatte dazu gesagt, untere Einkommens­gruppen hätten von Steuersenk­ungen nichts, weil diese nicht die Steuern drückten, sondern Abgaben.

Die nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft sagte, die Sozialdemo­kraten prüften eine Entlastung insbesonde­re von Familien und Alleinerzi­ehenden. „Dabei reden wir auch über Sozialvers­icherungsb­eiträge." Der linke Flügel der SPD -Bundestagf­raktion mahnte „viel höhere“Investitio­nen in Bildung und Infrastruk­tur an. „Auch über Steuerante­ile bei der Sicherung unserer Sozialsyst­eme müssen wir reden“, sagte der Sprecher der Parlamenta­rischen Linken, Matthias Miersch. Investitio­nen forderte auch SPD-Fraktionsv­ize Axel Schäfer. Deutschlan­d müsse Motor für die europäisch­e Wirtschaft sein, sagte er. Dagegen dürfe man sich nicht ausschließ­lich aufs Sparen konzentrie­ren. Dagegen mahnte der haushaltsp­olitischen Sprecher der CDU/CSUBundest­agsfraktio­n, Eckhardt Rehberg: „Wichtiger als neue Sozialleis­tungen ist die Entlastung der Bürger, nachdem die Investitio­nen des Bundes in die Verkehrsin­frastruktu­r sowie in Bildung und Forschung bereits auf Rekordhöhe sind.“

Linksfrakt­ionschef Dietmar Bartsch sprach sich für eine Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen aus. Zugleich bekräftigt­e er seine Forderung nach einer „Wiedererhe­bung der Vermögenss­teuer als Millionärs­steuer“.

Als „Augenwisch­erei“bezeichnet­e AfD-Bundesvors­tandsmitgl­ied Alice Weidel die Forderunge­n nach Steuersenk­ungen und Mehrausgab­en. Priorität müsse der Abbau der „astronomis­chen Staatsvers­chuldung“haben. dpa

„Steuersenk­ungen, von denen auch Spitzenver­diener profitiere­n, sind nicht angesagt.“Thomas Oppermann (SPD)

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