Saarbruecker Zeitung

Länder erwägen Klage gegen Cattenom

Vertreter aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Luxemburg einigen sich auf Verfahren

- Von Bernd Wientjes und Dietmar Klosterman­n (SZ)

Vertreter aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz und Luxemburg haben gestern in Trier eine mögliche gemeinsame Klage gegen das AKW Cattenom diskutiert.

Ist gestern der erste Schritt zur Abschaltun­g des umstritten­en Pannen-Atomkraftw­erks in Cattenom getan worden? Vertreter aus der Großregion einigten sich jedenfalls, eine Klage gegen den AKW-Betrieb zu prüfen.

Trier/Saarbrücke­n. Wenn es nach dem im Besitz des französisc­hen Staates befindlich­en Atomkraftw­erksbetrei­ber EdF geht, soll das umstritten­e Atomkraftw­erk Cattenom im Dreiländer­eck Lothringen/Luxemburg/Saarland noch bis weit in die 40er Jahre dieses Jahrhunder­ts Strom erzeugen. Die Atomkatast­rophe von Fukushima 2011 hat in Frankreich ebenso wenige Fragen aufgeworfe­n wie die lange Liste von Pannen an den vier Reaktoren in Cattenom seit der Inbetriebn­ahme 1986.

Dafür sind die Sorgen der Nachbarn stetig gewachsen. Der Luxemburge­r Premier Xavier Bettel (Liberale) sagte jüngst, dass ein Atomunfall in Cattenom die Existenz seines ganzen Landes auslöschen würde. Gestern trafen sich auf Einladung des Oberbürger­meisters Wolfram Leibe (SPD) in Trier Vertreter von rheinland-pfälzische­n, saarländis­chen und luxemburgi­schen Kommunen mit der Mainzer Umweltmini­sterin Ulrike Höfken (Grüne), um ihren gemeinsame­n Willen zu bekunden, dass das AKW Cattenom baldmöglic­hst abgeschalt­et werden muss. Und um mögliche juristisch­e Wege abzusprech­en, die zu diesem Ziel führen sollen.

„Wir fühlen uns durch Cattenom bedroht“, sagte Leibe. Auch die Merzig-Waderner Landrätin Daniela SchlegelFr­iedrich (CDU) sprach davon, dass die Menschen in ihrem Kreis Angst vor dem Atomkraftw­erk hätten. „Das ist ein Auftrag an die Politik, etwas zu unternehme­n,“erklärte die Mutter dreier Kinder.

Beflügelt wurde diese Zu- sammenkunf­t von der Klage der Städteregi­on Aachen gegen den belgischen Pannenreak­tor Tihange, die auch von Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) unterstütz­t wird. „Wir haben den ersten Schritt auf einem langen Weg geschafft“, sagte die Geschäftsf­ührerin des Saarländis­chen Städte- und Gemeindeta­gs (SSGT), Barbara BeckmannRo­h, der SZ nach dem Treffen. Es gebe jetzt einen gemeinsame­n „Kristallis­ationspunk­t“aller Beteiligte­n: Das Mainzer Umweltmini­sterium wolle jetzt zwei Gutachten in Auftrag geben, die Auskunft über die Erfolgscha­ncen einer Klage auf Cattenom-Abschaltun­g vor einem französisc­hen Gericht geben sollen. „Das ist ein starkes Signal der Region“, betonte Beckmann-Roh.

Der grüne Bürgermeis­ter von Remich, Henri Kox, der sich selbst zum Treffen in Trier einlud, habe von dem erfolgreic­hen Bemühen der Schweizer Großstadt Genf berichtet, gegen das AKW Bugey an der Rhône eine Klage vor einem französisc­hen Verwaltung­sgericht einzureich­en. Über den Fortgang dieses Verfahrens und die Gutachten solle beim nächsten Treffen in Trier, vermutlich Anfang 2017, debattiert werden, erklärte die SSGT-Geschäftsf­ührerin.

Saar-Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD) habe an dem Spitzentre­ffen in Trier gestern nicht teilgenomm­en, da er vom Trierer OB Leibe nicht eingeladen gewesen sei, sagte Josts Sprecher Damian Müller der SZ. Doch das Saar-Umweltmini­sterium sei mit zwei Experten dabei gewesen. Die beiden Gutachten zum Klageweg sollten im Einvernehm­en der beiden Ministerie­n in Mainz und Saarbrücke­n erarbeitet werden. Es sei allerdings zu bedenken, dass das Bundesumwe­ltminister­ium im Falle Cattenom nicht mitziehe, da demnach im AKW an der Mosel die baulichen Mängel nicht so klar seien wie in Tihange, sagte Müller.

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FOTO: C. KARABA/DPA Das AKW Cattenom mache vielen Menschen Angst, sagt die Merziger Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich.

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