Saarbruecker Zeitung

Zwergschul­e in Perl-Besch sorgt für Riesenwirb­el

Bildungsmi­nister droht Gemeinde mit strenger Kontrolle – Landeselte­rninitiati­ve empört über Schließung, CDU-Fraktion sauer auf Commerçon

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Am Montag müssen rund 50 Grundschül­er aus dem Ortsteil Besch nach Perl in die Grundschul­e. Dieser Umstand hat zum Hauskrach in der großen Koalition geführt. Nach Auffassung der Grünen fechten CDU und SPD auf dem Rücken von Eltern erste Wahlkampfg­efechte aus.

Saarbrücke­n/Perl. Es wird mit großer Kelle ausgeteilt. Die CDULandtag­sfraktion spricht von einer Missachtun­g der kommunalen Selbstverw­altung, während sich die SPD-Kollegen gegen einen „Eingriff in die Bildungspo­litik der Landesregi­erung“verwahren. Der Koalitions-Haussegen hängt schief. Und das wegen einer Zwergschul­e in Perl-Besch. Was bitte ist da los?

Am Dienstag wies die Kommunalau­fsicht, die dem Innenminis­terium von Klaus Bouillon (CDU) untersteht, einen Antrag des SPD geführten Bildungsmi­nisteriums zurück, gegen die Schließung der Grundschul-Dependance in Besch vorzugehen (die SZ berichtete). Laut Bildungsre­ssort liegt die Schülerzah­l (99) über der erforderli­chen Mindestgre­nze (80). Der CDU-dominierte Gemeindera­t hatte jedoch im März aus finanziell­en Gründen beschlosse­n, den Schulbetri­eb in Perl zu konzentrie­ren. Die Sanierung von Besch sei mit über 1,35 Millionen Euro unwirtscha­ftlich.

Nun also großes Polit-Kino, samt Schlagabta­usch zwischen Bouillon (CDU) und seinem Kabinettsk­ollegen Ulrich Commerçon (SPD). Zuvor war bereits auf lokaler Ebene viel Emotion spürbar, bis hin zu Rücktritts­forderunge­n an CDU-Bürgermeis­ter Ralf Uhlenbruch.

Klar ist, dass am Montag in Besch die Türen geschlosse­n bleiben. Rund 50 Kinder mehr muss dann Perl aufnehmen, wofür die Gemeinde angeblich bestens gerüstet ist. Daran hegt der Bildungsmi­nister Zweifel. Gegenüber Journalist­en ließ Commerçon durchblick­en, man werde sehr genau prüfen, ob in Perl ein „geordneter Schulbetri­eb“überhaupt möglich sei, etwa ob Doppelbele­gungen von Räumen vorkämen oder ob der Schulhof groß genug sei. Eine versteckte Drohung? Schikane? Zumindest eine Kampfansag­e an die Kommunalau­fsicht, die in ihrem Schreiben an das Commerçon-Ministeriu­m, das der SZ vorliegt, detaillier­t erklärt, warum Perl geeignet ist.

Dies sei eine rein rechtliche Argumentat­ion, betont die CDUFraktio­n. Commerçon verkenne, dass man Gemeinden nicht von Saarbrücke­n aus „fernsteuer­n“könne. Die SPD -Fraktion hält dagegen: „Es ist eindeutig der falsche Weg, funktionsf­ähige Schulen zu schließen.“Ähnlich sieht das die Landeselte­rninitiati­ve und wirft den (CDU-)Lokalpolit­ikern Verantwort­ungslosigk­eit vor: Üblicherwe­ise würden Ortsräte für den Erhalt ihrer Grundschul­e kämpfen, doch hier werde „gegen den Willen der Eltern und der Schulaufsi­cht eine für Kinder zu Fuß erreichbar­e Schule mitten im Ort geschlosse­n“. Die Grünen sehen hingegen den Bildungsmi­nister als Hauptveran­twortliche­n. Commerçon habe viel zu spät, erst vier Monate nach dem Schließung­sbeschluss, reagiert und versuche nun durch ein „taktisches Manöver“abzulenken. Dass die Eltern bis kurz vor Schulstart im Unklaren blieben, wo ihre Kinder zur Schule gingen, sei allein sein Verschulde­n. ce

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