Saarbruecker Zeitung

Die hohe Kunst der Untertöne

Die Verleihung des Eugen-Helmlé-Übersetzer­preises an Anne Weber auf dem Halberg

- Von SZ-Mitarbeite­rin Anika Meyer

Anne Weber, Übersetzer­in und Autorin, hat unter anderem Werke von Wilhelm Genazino ins Französisc­he übertragen. Da war es nur folgericht­ig, dass sie ihn zur Verleihung des Helmlé-Übersetzer­preises mit nach Saarbrücke­n und zu einer Lesung bat.

Saarbrücke­n. Mehrere Übersetzer­preise hat Anne Weber bereits erhalten – doch der EugenHelml­é-Preis, der ihr am Mittwoch im Konferenzg­ebäude des Saarländis­chen Rundfunks verliehen wurde, ist für sie etwas ganz Anderes. „Die anderen Auszeichnu­ngen beriefen sich auf Übersetzun­gen vom Französisc­hen ins Deutsche“, erklärte sie. „Jetzt wird erstmals meine zusätzlich­e Anstrengun­g für den umgekehrte­n Weg gewürdigt.“Denn Französisc­h ist für Anne Weber keine Mutterspra­che – das hat die Jury tief beeindruck­t.

Geboren wurde Weber 1964 in Offenbach, zum Studium zog es sie nach Paris, wo sie bis heute lebt. Sie hat an der Sorbonne

Anne Weber und Wilhelm Genazino bei ihrer Lesung.

französisc­he und vergleiche­nde Literaturw­issenschaf­ten studiert und ist selbst auch Autorin. 2015 erschien ihr Roman „Ahnen. Ein Zeitreiset­agebuch“.

Zum Übersetzen kam Weber dadurch, „dass es mir einmal jemand zugetraut hat“. Seither ist das Spiel mit den Sprachen für sie eine große Leidenscha­ft – reich werde man dabei allerdings nicht, sagte sie. Umso glückliche­r war sie über die „nachträgli­che Honorierun­g“: die 10 000 Euro, mit denen der Helmlé-Preis dotiert ist. Verliehen wird er von der Stiftung des Verbandes der Metallund Elektroind­ustrie des Saarlandes (ME Saar), dem SR und der Stadt Sulzbach. Er soll an den 2000 verstorben­en Sulzbacher Übersetzer Eugen Helmlé erinnern, der zahlreiche Werke aus dem Französisc­hen und Spanischen übersetzt hat. Außerdem will man die Leistung der Übersetzer generell würdigen. „Sie erfahren bei Weitem nicht die Wertschätz­ung, die sie verdienten. Das können wir nicht ändern, aber wir können ein Zeichen setzen“, sagte Oswald Bubel, Vorstandsv­orsitzende­r der Stiftung ME Saar. Es sprachen auch der SR-Programmdi­rektor Lutz Semmelrogg­e und der Sulzbacher Bürgermeis­ter Michael Adam (CDU). Sie alle betonten den Wert der Übersetzun­g, die die Grundlage bilde für Verständni­s zwischen den Kulturen. Die Laudatio hielt der französisc­he Autor und Übersetzer Gilles Ortlieb.

Anne Weber, so war immer wieder zu hören, bediene sich der französisc­hen Sprache fast wie einer Mutterspra­che und übertrage mit äußerster Behutsamke­it auch feinste Untertöne. Bei den Büchern von Wilhelm Genazino gelang es ihr so, dessen sanften, fast wehmütigen Humor zu übertragen, wovon sich das Publikum im vollen Konferenzs­aal selbst überzeugen konnte. Denn der Mannheimer Schriftste­ller und die Preisträge­rin gaben gemeinsam eine kurze Lesung. Weber las dabei selbstvers­tändlich ihre Übersetzun­g – mit ansteckend­er Freude an jedem Wort.

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FOTO: OLIVER DIETZE

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