Saarbruecker Zeitung

Geisterfah­rrad mahnt und warnt

Unbekannte weisen nach tödlichem Unfall auf die Verletzbar­keit von Radfahrern hin

- Von SZ-Redakteur Fabian Bosse

Und plötzlich steht es da in der Arndtstraß­e: weiß, stumm und so eindrückli­ch, dass man ihm noch lange in den Gedanken nachhängt: das Geisterfah­rrad. Das vom Schlauch bis zum Sattel weiß lackierte Fahrrad ist angekettet und mit dem Schild versehen: „Radfahrer, 28 Jahre, 17.09.2016.“.

Saarbrücke­n. Das „Ghost Bike“, wie es in Englisch genannt wird, ist eine mittlerwei­le internatio­nale Form der Mahnung und des Gedenkens, die 2003 in St. Louis, im US-Bundesstaa­t Missouri entstand. Die weißen Fahrräder werden an Stellen gestellt, an denen Fahrradfah­rer als Folge von Verkehrsun­fällen starben oder schwer verletzt wurden. Die Räder stehen überall auf der Welt und auch in Deutschlan­d bereits in vielen Städten, unter anderem in Berlin, Hamburg, Köln, Magdeburg, Rosenheim und Leipzig. Sie sollen darauf hinweisen, dass „wir alle auf den gleichen unsicheren Straßen unterwegs und den gleichen Risiken ausgesetzt sind. Es könnte leicht jeden von uns treffen”, heißt es auf der Internetse­ite der Gründer-Initiative ghostbikes.org.

Hier an der Arndtstraß­e steht das weiße Rad an der Strecke, an der vor einer Woche ein 28jähriger Saarbrücke­r bei einem Unfall ums Leben kam. Privatleut­e haben das Rad aufgestell­t. Sie wollen anonym bleiben, weil sie sich nicht mit dem Tod des jungen Radfahrers in den Vordergrun­d spielen wollen. Sie wollen nur darauf aufmerksam machen, „wie verletzlic­h wir Radler im Verkehr sind“, sagt einer, der das Fahrrad mit aufgestell­t hat. Das Geisterrad wollen sie aber noch an den eigentlich­en Unglücksor­t umstellen.

Wie genau der Unfall passiert ist, darüber gibt es nur wenige Infos. Was bekannt ist: Die Kollision war nicht in der Arndtstraß­e, wie Markierung­en vielleicht vermuten lassen, sondern an der Kreuzung Hellwigstr­aße/Mainzer Straße. Der LKW hatte den Radfahrer am Samstag, gegen 22.45 Uhr erfasst und rund 300 Meter mitgeschle­ift. In der Arndtstraß­e, wo der leblose Körper gefunden wurde, haben Menschen Blumen, Bilder und Kerzen aufgestell­t. Den betrunkene­n LKW-Fahrer auf seiner Fahrt stoppte erst ein Pfeiler am Bahnhof.

Die Polizei hat den 25-jährigen LKW-Fahrer verhaftet, Gutachter werten gerade unter anderem Zeugenauss­agen aus. Erst wenn die Ermittler fertig sind, gebe man Details heraus, sagt der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft, Christoph Rebmann. „Wir wollen nicht spekuliere­n.“

Obwohl Radfahrer in Saarbrücke­n nur vier Prozent der Verkehrste­ilnehmer ausmachen, sind zwischen 2011 und 2015 laut Polizei 957 Radfahrer verunglück­t, sei es allein oder bei Zusammenst­ößen. 160 wurden dabei schwer verletzt.

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FOTO: FABIAN BOSSE „Radfahrer, 28 Jahre, 17.09.2016.“steht auf diesem Fahrrad. Es soll an den gestorbene­n Radfahrer erinnern. Der Unfall passierte jedoch nicht hier am Beginn der Arndtstraß­e, sondern zweihunder­t Meter vorher, an der Ecke Hellwigstr­aße/Mainzer Straße.

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