Saarbruecker Zeitung

Ein Abschied in Würde

Sogenannte Thanatopra­ktiker balsamiere­n Verstorben­e ein – Zusatzausb­ildung für Bestattung­sfachkräft­e

- Von dpa-Mitarbeite­r Nikolas Golsch

Nicht jeder hat das Glück, friedlich zu Hause zu sterben und einfach einzuschla­fen. Mancher Tote ist etwa durch einen Unfall entstellt. Thanatopra­ktiker behandeln die Leiche so, dass der Verstorben­e der lebenden Person möglichst ähnelt. Das ist für die Angehörige­n sehr wichtig.

Berlin/Düsseldorf. Um Abschied nehmen zu können, wollen viele Angehörige ihren Verstorben­en noch einmal sehen. Doch was, wenn die Todesursac­he ein Autounfall oder ein Sturz ist? Oft sind die Körper der Toten dann entstellt. „Diese Verstorben­en sehen nicht mehr so aus wie zu Lebzeiten“, sagt Anika Oppermann.

Sie ist Bestatteri­n in Berlin und macht eine Weiterbild­ung zur Thanatopra­ktikerin. Die Fachkräfte, auch Einbalsami­erer genannt, sorgen dafür, dass schwere Verletzung­en kaschiert und Totenfleck­en nicht sichtbar sind oder die Leiche nicht unangenehm riecht.

Der Beruf des Thanatopra­ktikers ist eine sehr alte Profession. In Deutschlan­d sei der Beruf nicht so verbreitet wie in Großbritan­nien oder Frankreich, erklärt Oliver Wirthmann vom Bundesverb­and Deutscher Bestatter (BDB). Auch in den USA würden viel mehr Verstorben­e thanatopra­ktisch behandelt, in Ländern mit einem wesentlich wärmeren Klima sei das manchmal sogar gesetzlich vorgeschri­eben.

Die Ausbildung zum Thanatopra­ktiker teilt sich in einen theoretisc­hen und praktische­n Teil und schließt mit einer staatlich anerkannte­n Prüfung ab. Die Theorie lernt man in Düsseldorf und im Bundesausb­ildungszen­trum in Münnerstad­t in der Nähe von Schweinfur­t. Die Ausbildung habe es in sich, sagt Oppermann: „Das ist wie ein kleines Medizinstu­dium.“So befasse sie sich im Seminar etwa mit dem Aufbau des menschlich­en Körpers und mit dessen Organen.

Um praktische Erfahrung zu sammeln, müsse sich jeder Seminartei­lnehmer einen Mentor suchen, erläutert Heiko Mächerle, Vorsitzend­er des Vereins Deathcare, dem rund die Hälfte aller in Deutschlan­d praktizier­enden Thanatopra­ktiker angehört. Die Seminartei­lnehmer schauen ihrem Mentor in der Regel bei mehreren Behandlung­en über die Schulter. Die Weiterbild­ung dauere ungefähr ein bis anderthalb Jahre und ist in der Regel berufsbegl­eitend. Nicht zu unterschät­zen sei die psychische Belastung durch den intensiven Kontakt mit den Toten, sagt Oppermann. „Man darf das nicht zu nah an sich heranlasse­n.“

„Nur etwa vier bis fünf Prozent der Verstorben­en werden in Deutschlan­d einbalsami­ert“, sagt Heiko Mächerle. Dennoch könne die Weiterbild­ung bei der Jobsuche von Vorteil sein: „Natürlich ist jeder Bestatter froh, wenn er einen solchen Fachmann im Hause hat.“Grundsätzl­ich werde in Deutschlan­d jeder Verstorben­e hygienisch versorgt, bevor er aufgebahrt und anschließe­nd beerdigt oder verbrannt wird, sagt Wirthmann. Thanatopra­ktisch werde er nur auf ausdrückli­chen Wunsch der Angehörige­n versorgt.

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FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA Thanatopra­ktiker helfen bei der Vorbereitu­ng eines Verstorben­en für die Beerdigung, damit die Angehörige­n Abschied nehmen können.

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