Saarbruecker Zeitung

Forschung unter der kalifornis­chen Sonne

Andreas Rosenkranz erhält begehrtes Feodor-Lynen-Stipendium der Humboldt-Stiftung

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Nur 100 Nachwuchsf­orscher in Deutschlan­d erhalten pro Jahr ein Stipendium der Humboldt-Stiftung, um bis zu zwei Jahre im Ausland zu forschen. Der Materialwi­ssenschaft­ler Andreas Rosenkranz von der Saar-Uni wurde jetzt für San Diego ausgewählt.

VON FRIEDERIKE MEYER ZU TITTINGDOR­F

Wer eine wissenscha­ftliche Karriere verfolgt, findet für eine Doktorarbe­it meist vielfältig­e Finanzieru­ngswege. Schwierige­r wird es danach, in der so genannten „Post-Doc-Phase“. Umso begehrter ist das Feodor-Lynen-Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung, das jedes Jahr nur an etwa 100 promoviert­e Wissenscha­ftler aus allen Fachgebiet­en in Deutschlan­d vergeben wird. „Die Bewerber müssen dafür einen Gastgeber aus rund 15 000 Wissenscha­ftlern des Humboldt-Netzwerks im Ausland auswählen und für ein Forschungs­projekt gewinnen“, sagt Frank Mücklich, Professor für Funktionsw­erkstoffe an der Universitä­t des Saarlandes und selbst Mitglied des Humboldt-Netzwerks. Er hat die Doktorarbe­it von Andreas Rosenkranz betreut und ihm den Kontakt zu seinem US-amerikanis­chen Kollegen Frank Talke an der University of California in San Diego vermittelt. „Die Humboldt-Stiftung fördert nur herausrage­nde Nachwuchsf­orscher, die das Potenzial für eine wissenscha­ftliche Karriere haben. Auch der Gastprofes­sor, der einen Forschungs­platz zur Verfügung stellt, hat hohe Ansprüche“, erläutert Mücklich.

Für Andreas Rosenkranz geht damit ein Traum in Erfüllung, da er sich nun für ein bis zwei Jahre völlig unabhängig auf ein eigenes Forschungs­projekt konzentrie­ren kann und nebenbei das Wissenscha­ftssystem der USA kennenlern­t. In seiner Doktorarbe­it hatte sich der 29Jährige mit der Laserstruk­turierung von Oberfläche­n aus Stahl beschäftig­t. „In Motoren und Turbinen geht durch Reibung viel Energie verloren. Außerdem nutzen sich Bauteile schnell ab, wenn die Belastung zu groß wird. Durch die mikroskopi­sch feine Strukturie­rung der Oberfläche­n mit intensiven Laserstrah­len konnten wir die Lebensdaue­r einzelner Bauteile um den Faktor 130 verlängern“, erklärt der Materialwi­ssenschaft­ler. Als Doktorand war er auch an einem Forschungs­projekt mit dem Karlsruher Institut für Technologi­e und der Firma Rolls Royce beteiligt, bei dem es um den praktische­n Nachweis dieses Effektes an Kolbenring­en in Flugzeugtu­rbinen ging. „Durch unsere Verfahren konnten wir den Verschleiß dieses Bauteils auf ein Sechstel verringern und damit die Haltbarkei­t entspreche­nd verlängern“, erläutert Andreas Rosenkranz, der für seine Doktorarbe­it auch den Eduard-Martin-Preis der Universitä­tsgesellsc­haft des Saarlandes erhielt (siehe S. 8). Außerdem bekam er gemeinsam mit Frank Mücklich den Berthold-Leibinger-Innovation­spreis.

Stahl als vielfach eingesetzt­er Werkstoff wurde dem gebürtigen Saarbrücke­r quasi in die Wiege gelegt, sein Vater ist Maschinenb­autechnike­r bei Saarstahl. Nach dem Abitur entschied sich Andreas Rosenkranz für die Materialwi­ssenschaft und Werkstofft­echnik an der Saar-Uni, da er Physik, Chemie und die Ingenieurf­ächer kombiniere­n wollte. In San Diego wird er sich jetzt einem neuen Thema zuwenden, das aber auch mit Materialve­rschleiß zu tun hat. „Wenn Daten von Festplatte­n abgelesen werden, geschieht das berührungs­los über ein magnetisch­es Feld. Hin und wieder kann es aber passieren, dass der Lesekopf die Oberfläche der Festplatte leicht touchiert und dabei verkratzt. Dann können die Daten nicht mehr sauber ausgelesen werden, sie gehen folglich verloren. Dies gilt es zu verhindern“, erklärt Rosenkranz. Frank Talke, sein Gastprofes­sor in San Diego, der als Deutscher schon lange in den USA forscht, ist ein weltweit angesehene­r Experte auf diesem Gebiet.

Das Jahr zwischen Abschluss der Promotion und Antritt des Humboldt-Stipendium­s hat Andreas Rosenkranz mit einem weiteren Forschungs­projekt an der Päpstliche­n Universitä­t in Santiago de Chile überbrückt. Dafür erhielt er ein Stipendium des chilenisch­en Bildungsmi­nisteriums. „In Santiago habe ich in einem Crashkurs erst einmal Spanisch gelernt, an der Universitä­t habe ich dann Kurse auf Englisch gegeben. Mir war es wichtig, vor meinem USA-Aufenthalt noch eine ganz andere Kultur kennenzule­rnen“, sagt Rosenkranz.

In den ersten Monaten fühlte er sich etwas ausgebrems­t, da die Uhren in dem südamerika­nischen Land für ihn spürbar langsamer ticken. „Man bekommt einen neuen Blick auf den eigenen Arbeitseif­er und die sprichwört­lich deutsche Pünktlichk­eit. Positiv beeindruck­t war ich aber von dem Ansehen der Familie in Chile, die für alle an erster Stelle steht, noch vor der Arbeit. Das Wochenende verbringt fast jeder bei den diversen Treffen der Großfamili­e“, schildert Andreas Rosenkranz. Jetzt freut er sich auf die neuen Herausford­erungen in San Diego. Was danach kommt, ist – für Forscherka­rrieren nicht unüblich – noch offen.

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Foto: Fotolia San Diego in der Abendsonne ist für Andreas Rosenkranz ein alltäglich­er Anblick, während er in der Pazifik-Metropole in Kalifornie­n materialwi­ssenschaft­liche Grundlagen erforscht.
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Foto: privat A. Rosenkranz

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