Saarbruecker Zeitung

Mehr Geld für junge Grundschul­lehrer

Land hebt Absenkung der Eingangsbe­soldung auf – Grund: zu wenige Bewerber für viele offene Stellen

- Von SZ-Redakteur Oliver Schwambach

Die Landesregi­erung hebt die Absenkung der Eingangsbe­soldung für Grundschul­lehrer auf. Für ein Jahr zunächst. Damit will das Land im bundesweit­en Wettstreit um junge Lehrer wieder Boden gut machen. Derzeit sind 25 Stellen unbesetzt.

Saarbrücke­n. Kurz vor Weihnachte­n geht das mit den Wundern wohl doch leichter: „Für die Dauer eines Jahres wird das Land auf die Absenkung der Eingangsbe­soldung für Grundschul­lehrer verzichten“, kündigte Bildungsmi­nister Ulrich Commerçon (SPD) gestern an. Bislang mussten Anfänger in ihren ersten beiden Berufsjahr­en 190 Euro monatlich Abzug hinnehmen – wie die übrigen studierten Landesdien­er auch. Diese seit 2011 geltenden Kürzungen sind ein wesentlich­er Beitrag zur Haushaltss­anierung des finanzklam­men Saarlandes. „Wir haben aber eine akute Notlage im Grundschul­bereich“, sagt Commerçon.

Aktuell sind laut Ministeriu­m 25 Grundschul­lehrerstel­len unbesetzt. 84 Lehrer aus anderen Schulforme­n müssen bereits Lücken stopfen. Dazu gilt es, vermehrt Flüchtling­skinder zu integriere­n und Kindern mit Handicaps den Regelunter­richt zu ermögliche­n. Jeder Lehrer, der da fehlt, fehlt doppelt. Verschärfe­nd kommt hinzu: Bundesweit buhlt man um die Lehrer für die Jüngsten. Sachsen etwa lockt seit anderthalb Monaten mit Zuschlägen von 390 Euro. Dieser Wettbewerb habe die „Situation noch zugespitzt“, konstatier­t Commerçon. Hätte man jetzt nicht nachgebess­ert, macht er deutlich, wären massive Unterricht­sausfälle unausweich­lich gewesen.

Mit derart klarer Kante hat der SPD-Minister nun wohl auch dem stets aufs Sparen bedachten Koalitions­partner in der schwarz-roten Landesregi­erung die Mehrausgab­en abgetrotzt. Noch vor wenigen Tagen hatte die CDU-Landtagsab­geordnete Gisela Rink moniert, die Reduzierun­g der Lehrerbeso­ldung sei schließlic­h mit dem Stabilität­srat vereinbart. Und sortierte Commerçons Ansinnen als „Vorwahlkam­pf“ein. Der Mangel sei aber eklatant, entgegnet der. Und eben dieser „Mangel“ist auch die Bedingung, um überhaupt die strikten Sparauflag­en zu lockern; der Paragraf 3b im Saarländis­chen Besoldungs­gesetz lässt diese Option zu, die auch schon für die Berufsschu­llehrer gezogen wurde. Auch da ist die Not groß.

Gestern aber gab nun Finanzmini­ster Stephan Toscani (CDU) grünes Licht. Konkret bedeutet das fürs Land rund 136 800 Euro Mehrausgab­en in zwei Jahren. Gesetzt den Fall, das Bildungsmi­nisterium kann zum 1. Februar wie geplant 30 neue Grundschul­lehrer einstellen. Die bekommen dann wieder die reguläre A12-Besoldung, rund 3155 Euro im Monat. Somit in den ersten zwei Berufsjahr­en 4650 Euro pro Kopf mehr als die 201 Kollegen, die unter den Spar-Vorgaben eingestell­t wurden. Für die wird es rückwirken­d keinen Nachschlag geben. Und auch die Gymnasiall­ehrer müssen weiterhin den Gürtel eng geschnallt lassen. „Ich bin natürlich für Gerechtigk­eit“, sagt Commerçon. Aber im Gymnasialb­ereich gebe es eben diese Notlage nicht.

Wegen der Schuldenbr­emse ließ sich die Anhebung der Besoldung zunächst auch nur für ein Jahr durchsetze­n, so der Bildungsmi­nister. Nun müsse man sehen, ob das hilft. Für die 30 Stellen, die man zum 1. Februar besetzen will, habe man aktuell 25 Bewerber. Die aber hat das Land keineswegs sicher, denn erfahrungs­gemäß versuchen es die Neu-Lehrer in mehreren Bundesländ­ern.

Zustimmung bekommt Commerçon nun auf jeden Fall von den Lehrern. Thomas Bock, Landesvors­itzender der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW), begrüßte die Besoldungs­korrektur, kritisiert­e aber die Befristung auf ein Jahr und forderte gleiches Recht für alle Lehrer. Und, dass die Grundund Hauptschul­lehrer im Saarland endlich in die Besoldungs­stufe A13 kommen.

Das dürfte in der Tat auch ein Hemmschuh im bundesweit­en Rennen um Grundschul­lehrer bleiben: Andere Bundesländ­er vergüten nämlich entspreche­nd. „Mittelfris­tig müssen wir dazu kommen, deutschlan­dweit die Grundschul­lehrer gleich zu bezahlen“, sagt denn auch Ulrich Commerçon. Das aber durchzuset­zen, dürfte mehr als ein Weihnachts­fest brauchen.

„Wir haben eine akute Notlage.“Bildungsmi­nister Ulrich Commerçon

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FOTO: BECKER& BREDEL Endlich erhört: Im Sommer 2015 protestier­ten Grundschul­lehrer vor der Staatskanz­lei für gerechtere Bezahlung. Jetzt hat Bildungsmi­nister Commerçon (rechts) auf den Protest reagiert.

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