Saarbruecker Zeitung

Frankreich­s Sozialiste­n droht die Spaltung

Manuel Valls gegen den Rest: Interner Wahlkampf reißt Gräben auf

- Von SZ-Korrespond­entin Christine Longin

Paris. „Zum Sieg verhelfen, was uns eint“, lautet der etwas sperrige Wahlkampf-Slogan von Manuel Valls. Doch der frühere Regierungs­chef tut sich zehn Tage nach der Ankündigun­g seiner Kandidatur für die Vorwahlen schwer damit, seine Sozialiste­n hinter sich zu einen. Zu tief hat der 54Jährige die Partei mit seinem kompromiss­losen soziallibe­ralen Kurs gespalten. Diese Kluft prägt nun den innerparte­ilichen Wahlkampf. „Alles außer Valls“lautet das unausgespr­ochene Motto, unter dem sich die anderen Kandidaten gegen den Favoriten zusammenge­tan haben. Vor allem seine aussichtsr­eichsten Gegner, die Ex-Minister Arnaud Montebourg, Benoît Hamon und Vincent Peillon, präsentier­en sich als politische Gegenentwü­rfe.

Valls war erst nach dem Verzicht von Präsident François Hollande in den Vorwahlkam­pf eingestieg­en. Nun steht der gebürtige Spanier vor der Herausford­erung, Hollandes magere Bilanz zu verteidige­n und sich zugleich als eigenständ­iger Bewerber zu präsentier­en. „Valls muss in Rekordzeit den unnachgieb­igen Regierungs­chef auslöschen, der er noch vor ein paar Tagen war“, schreibt die Zeitung „Le Monde“. Dafür ging er jetzt sogar so weit, eine Abschaffun­g der umstritten­en Verfassung­sklausel 49.3 zu fordern, die er selbst zweimal anwandte. Der Artikel ermöglicht es der Regierung, Gesetzentw­ürfe ohne Abstimmung im Parlament für angenommen zu erklären. Valls drückte damit vor wenigen Monaten das neue Arbeitsrec­ht durch und verteidigt­e die Regelung als „demokratis­che Waffe“. Jetzt erklärte er, deren Anwendung sei „überholt“. Der 49-Jährige erhofft sich einen ähnlichen Effekt, wie ihn François Fillon bei den Vorwahlen der Konservati­ven erlebte: Der einstige Regierungs­chef lag lange hinten, erst drei Tage vor der ersten Wahlrunde überholte er mit seinem stramm konservati­ven Profil die Konkurrent­en. Der einstige Studenteng­ewerkschaf­ter Hamon setzt auf ein klar an der Parteilink­en orientiert­es Programm, das etwa die 32-Stunden-Woche und ein bedingungs­loses Grundeinko­mmen vorsieht.

Noch ganz ohne Programm ist dagegen der frühere Bildungsmi­nister Vincent Peillon, der als letzter der insgesamt neun Kandidaten erst am vorigen Wochenende ins Rennen ging. Der blasse 56-Jährige gilt vor allem als Vertreter derer, die Valls verhindern wollen. Doch ganz gleich, wer in der parteiinte­rnen Kür am 22. und 29. Januar gewinnt: Keiner der sozialisti­schen Kandidaten dürfte es in die zweite Runde der Präsidents­chaftswahl im Mai schaffen. Im Januar geht es eher darum, die Weichen für die Zukunft der sozialisti­schen Partei zu stellen. Die könnte allerdings in einer Spaltung bestehen, wie sie jetzt schon die Vorwahlen kennzeichn­et. Der Politologe Gérard Grunberg jedenfalls hält es für durchaus denkbar, dass die Partei „in zwei Teile zerbricht“.

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