Frankreichs Sozialisten droht die Spaltung
Manuel Valls gegen den Rest: Interner Wahlkampf reißt Gräben auf
Paris. „Zum Sieg verhelfen, was uns eint“, lautet der etwas sperrige Wahlkampf-Slogan von Manuel Valls. Doch der frühere Regierungschef tut sich zehn Tage nach der Ankündigung seiner Kandidatur für die Vorwahlen schwer damit, seine Sozialisten hinter sich zu einen. Zu tief hat der 54Jährige die Partei mit seinem kompromisslosen sozialliberalen Kurs gespalten. Diese Kluft prägt nun den innerparteilichen Wahlkampf. „Alles außer Valls“lautet das unausgesprochene Motto, unter dem sich die anderen Kandidaten gegen den Favoriten zusammengetan haben. Vor allem seine aussichtsreichsten Gegner, die Ex-Minister Arnaud Montebourg, Benoît Hamon und Vincent Peillon, präsentieren sich als politische Gegenentwürfe.
Valls war erst nach dem Verzicht von Präsident François Hollande in den Vorwahlkampf eingestiegen. Nun steht der gebürtige Spanier vor der Herausforderung, Hollandes magere Bilanz zu verteidigen und sich zugleich als eigenständiger Bewerber zu präsentieren. „Valls muss in Rekordzeit den unnachgiebigen Regierungschef auslöschen, der er noch vor ein paar Tagen war“, schreibt die Zeitung „Le Monde“. Dafür ging er jetzt sogar so weit, eine Abschaffung der umstrittenen Verfassungsklausel 49.3 zu fordern, die er selbst zweimal anwandte. Der Artikel ermöglicht es der Regierung, Gesetzentwürfe ohne Abstimmung im Parlament für angenommen zu erklären. Valls drückte damit vor wenigen Monaten das neue Arbeitsrecht durch und verteidigte die Regelung als „demokratische Waffe“. Jetzt erklärte er, deren Anwendung sei „überholt“. Der 49-Jährige erhofft sich einen ähnlichen Effekt, wie ihn François Fillon bei den Vorwahlen der Konservativen erlebte: Der einstige Regierungschef lag lange hinten, erst drei Tage vor der ersten Wahlrunde überholte er mit seinem stramm konservativen Profil die Konkurrenten. Der einstige Studentengewerkschafter Hamon setzt auf ein klar an der Parteilinken orientiertes Programm, das etwa die 32-Stunden-Woche und ein bedingungsloses Grundeinkommen vorsieht.
Noch ganz ohne Programm ist dagegen der frühere Bildungsminister Vincent Peillon, der als letzter der insgesamt neun Kandidaten erst am vorigen Wochenende ins Rennen ging. Der blasse 56-Jährige gilt vor allem als Vertreter derer, die Valls verhindern wollen. Doch ganz gleich, wer in der parteiinternen Kür am 22. und 29. Januar gewinnt: Keiner der sozialistischen Kandidaten dürfte es in die zweite Runde der Präsidentschaftswahl im Mai schaffen. Im Januar geht es eher darum, die Weichen für die Zukunft der sozialistischen Partei zu stellen. Die könnte allerdings in einer Spaltung bestehen, wie sie jetzt schon die Vorwahlen kennzeichnet. Der Politologe Gérard Grunberg jedenfalls hält es für durchaus denkbar, dass die Partei „in zwei Teile zerbricht“.