Saarbruecker Zeitung

Der Zeit-Schenker

Volker Wieland besucht als Weihnachts­mann Menschen, die alleine nicht zurechtkom­men

- Von SZ-Redakteur Martin Rolshausen

Es gehe immer ums Geld, sagt Volker Wieland, aber das sei nicht gut, denn viel wichtiger als Geld sei Zeit. Der 44-Jährige will seine Zeit mit Menschen teilen, mit ihnen „den Augenblick leben“. Bis zum 26. Dezember kann man ihn auf Menschen aufmerksam machen, für die ein Besuch wichtig ist.

Alt-Saarbrücke­n. Sprache führt manchmal in die Irre. „Sich Zeit nehmen“sei zum Beispiel so eine Formulieru­ng, die auf die falsche Fährte lockt, sagt Volker Wieland. Denn gemeint sei ja, dass man Zeit gibt, sie teilt. Genau das will er in den kommenden Tagen tun. Der Sportphysi­ound Bewegungst­herapeut will als Weihnachts­mann zu Menschen gehen, „die alleine sind, womöglich ans Bett gefesselt sind, Hilfe benötigen, um die Wohnung mal verlassen zu können“. Das mit dem Gehen meint der 44-Jährige, der sich extra hat einen Bart wachsen lassen, wörtlich. Wieland bewegt sich nicht nur am liebsten zu Fuß, sondern selbst im Winter auch barfuß. Der Weihnachts­mann, den er verkörpert, komme nicht in Stiefeln daher, sagt Wieland. Und sein Kostüm ist nicht aus rotem Samt, sondern aus Altkleider­n und Stoffreste­n gemacht.

Für ihn „ist Zeit die kostbarste Gabe“, sagt Wieland. Zeit zu geben sei wichtiger, als Geld zu schenken. Er wisse, dass auch andere Menschen gerne Zeit schenken würden. Mit Menschen, die niemanden haben, „den Augenblick teilen“wollen. Das Problem sei, dass diese Menschen oft nicht mal das Geld haben, um mit dem Bus zu fahren. Deshalb hofft er selbst auf ein Geschenk: eine übertragba­re Dauerkarte, die sich die Zeit-Schenker teilen können auf ihrem Weg durch die Stadt. Womit für ihn auch klar ist: Die Aktion soll im kommenden Jahr weitergehe­n.

Aber nun will Wieland erst mal als Weihnachts­mann losziehen. Hilfe bekommt er dabei von Thomas Hippchen und Bettina Caspers-Selzer vom Stadtteilb­üro Alt-Saarbrücke­n. Als Wieland ihnen seine Idee geschilder­t hatte, fiel ihnen direkt jemand ein, der sich über den Besuch dieses Weihnachts­manns sehr freuen würde. Es gibt da einen Mann, über 90 Jahre alt, der bisher fast jeden Tag zum Mittagesse­n ins Gemeinwese­ncafé kam. Der Mann hat sich etwas gebrochen, nun kommt er nicht mehr aus der Wohnung im dritten Stock.

Für diesen Mann sei Volker Wieland ein Glücksfall. „Damit zumindest ein Tag etwas anderes ist als all die andern Tage“, sagt Hippchen.

Volker Wieland ist klar, dass es viele Menschen gibt, die sich einsam fühlen und über Besuch freuen würden. Er bittet die Menschen aber, nicht für sich selbst den Weihnachts­mann zu bestellen. Es gehe nämlich auch darum, nicht nur an sich zu denken, sondern sich zu überlegen, wer Hilfe braucht – und dann dem Weihnachts­mann diesen Tipp zu geben.

Kontakt zum Zeit-Schenker gibt es über die E-Mail volkerwiel­and@1fach-bewegen.de und übers Stadtteilb­üro, Tel. (06 81) 5 12 52 anrufen.

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FOTO: HEIKO LEHMANN Volker Wieland auf einer Bank im Rathaus St. Johann.

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