Der andere Nebel
In Peking wird höchste Smog-Warnstufe ausgerufen – Nur 172 Tage „gute Luft“
Eigentlich hat die chinesische Regierung den Kampf gegen die Luftverschmutzung aufgenommen. Doch der zeigt noch kaum Wirkung. An diesem Wochenende gilt in Peking wieder die Smog-Alarmstufe „Rot“.
Peking. He Zhang war gestern Morgen schon früh auf den Beinen: „Ich wollte die letzten Stunden mit guter Luft genießen“, sagt der 35-jährige Jogger. Der Pekinger reagierte mit seinem Frühsport auf die schlechten Nachrichten im Wetterbericht, der eine drastisch schlechtere Luftqualität ankündigte. So schlecht, dass Peking erstmals in diesem Jahr nicht nur die „blaue“oder „gelbe“, sondern die höchste SmogAlarmstufe „Rot“verhängt hat.
Tatsächlich kletterten die Messwerte für gefährlichen Feinstaub gestern von Stunde zu Stunde in die Höhe. Wieder einmal stehen den Pekingern Tage bevor, in denen sie ihren Lebensrhythmus nach der dreckigen Luft ausrichten müssen. Hes Sportverzicht ist dabei noch ein Luxusproblem.
„Wo soll ich am Montag mein Kind lassen?“, fragt Zang Ying entsetzt. Der rote Alarm heißt, dass Kindergärten und Grundschulen geschlossen bleiben. Auch der Weg zur Arbeit wird komplizierter. Jedes zweite Auto ist während des Alarms aus dem Verkehr gezogen. „Wer
Pekinger, die nach draußen müssen, setzen in diesen Tagen häufig wieder eine Atemmaske auf.
hier lebt, muss viel ertragen“, sagt Studentin Li Anqi, die sich gerade im Supermarkt eine neue Atem-Maske gekauft hat, um sich auf die nächsten Tage vorzubereiten.
Als die Regierung vor zwei Jahren den Kampf gegen die dreckige Luft ankündigte, war selbst Greenpeace zunächst voll des Lobes. Laut Messungen der Umweltorganisation sei die Konzentration von besonders gefährlichem Feinstaub, der in
Abgasen steckt, aber auch durch den Abrieb von Autoreifen verursacht wird, zwischen Januar 2015 und März dieses Jahres um rund zehn Prozent zurückgegangen. Doch in der Region rund um Peking sei dieser Trend schon wieder zum Erliegen gekommen, sagt Liansao Dong von Greenpeace. Viele Fabriken rund um die Stadt würden trotz strenger Auflagen und Verbote noch immer dreckige Abgase in den Himmel blasen. Das Problem: Die Regierung kontrolliere nicht streng genug.
Hinzu kommt: Die offiziellen Luftwerte sind mit Vorsicht zu genießen. Laut Regierungsangaben gab es in Peking 2016 bis einschließlich Oktober 172 Tage gute Luft – elf mehr als im vergangenen Jahr. Nach dem Standard der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat aber auch diese „gute Luft“noch eine dreimal höhere Belastung, als unbedenklich wäre. dpa