422 km/h Spitze mit nur drei Zylindern
Selbst in größere Pkw-Modelle ziehen immer mehr sparsame Dreizylinder-Motoren ein
Dreizylinder-Motoren erobern große Limousinen, Van- und SUV-Modelle sowie Sport- und sogar Rennwagen. Honda erreichte mit drei Zylindern in einem extrem windschlüpfigen Fahrzeug 422 km/h Spitze.
Saarbrücken. Lahme und laute Dreizylinder, das war gestern. Vor zehn Jahren hatte das 0,8Liter-Motörchen in einem Chevrolet Matiz 52 PS/38 kW und müde 72 Newtonmeter maximales Drehmoment bei jaulenden 4400 Umdrehungen pro Minute. Bei einem Daihatsu Cuore, Mitsubishi Colt, bei Corsa und Agila von Opel sah es nicht viel besser aus.
Verzicht-Triebwerke dieser Art vermögen heute allenfalls noch in ganz kleinen und entsprechend leichten Autos zu befriedigen: im Trio Citroën C1/ Peugeot 108/Toyota Aygo etwa oder im ähnlichen Trio VW Up/ Seat Mii/Skoda Citigo. Aber schon die teureren Versionen dieser Kleinstwagen haben Dreizylinder in ihrer modernsten Form: als Turbo.
Turbo bedeutet, dass eine Turbine die Energie der Auspuffgase nutzt, den Motor „aufzuladen“. Er saugt seine Verbrennungsluft nicht selbst an, sondern ein von der AuspuffTurbine angetriebenes Verdichterrad pumpt sie ihm ein. In die Brennräume gelangt so mehr Luft. In sie wird mehr Kraftstoff eingespritzt. Leistung und vor allem Drehmoment steigen beträchtlich.
Ein 1,0-Liter-DreizylinderTurbo zieht in der PS-Zahl mit einem herkömmlichen 1,5-Liter-Vierzylinder gleich, im Drehmoment kann er sogar einen 2,0-Liter-Sauger übertreffen. Wobei, und das ist der große Fortschritt, moderne Turbos hohe Zugkraft bereits bei niedrigen und damit viel häufiger gebrauchten Drehzahlen entwickeln. Im Verbrauch aber bleibt der verkleinerte (downgesizte) Dreizylinder sparsam wie eben ein Dreizylinder – zumindest so lange, wie seine hohe Leistung nicht dauernd abgerufen wird.
Dreizylinder erleben im Augenblick eine erstaunliche Karriere. In der Kompaktklasse, erst recht bei Kleinwagen setzen sie sich mehr und mehr als Standard durch. Bei fast allen Marken gibt es längst kräftige Dreizylinder-Turbos, von Audi (A1 und A3) über BMW (1er, 2er, 3er), Opel (Adam, Corsa, Astra), Ford (Ka+, Fiesta, Focus) und Seat (Ibiza, Leon) bis zu Skoda (Fabia, Rapid). Sie ziehen mittlerweile nicht nur in die Mittelklasse ein (BMW 3er, Skoda Octavia), sondern in richtig große Karossen. Bestes Beispiel ist der fast fünf Meter lange und voll beladen 2,3 Tonnen schwere Ford Mondeo, der mit dem Basis-Dreizylinder (125 PS/92 kW) fast 200 km/h rennen und in 12,1 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 beschleunigen kann – mit 5,2 Litern Normverbrauch, 120 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer und der für Benziner seltenen Effizienzklasse A.
Keine Frage, dass Dreizylinder längst auch in Vans anzutreffen sind, so im 2er Gran Tourer von BMW, in B-Max, Tourneo Courier und Grand Tourneo Connect von Ford, im Peugeot 2008, im VW Caddy, im C3 Picasso und im Berlingo von Citroën. Genauso erobern Dreizylindermotoren mehr und mehr auch SUV-Modelle, zumindest kompakte: vom BMW X1 über den Ford Ecosport, den Mini Countryman bis zum jüngst erneuerten SX4 S-Cross von Suzuki. Letzterer demonstriert den Fortschritt durch moderne Turbo-Dreizylinder geradezu exemplarisch. Der neue 1,0-Liter-Dreizylinder mit 111 PS/81 kW ersetzt den bisherigen 1,6-Liter-Vierzylinder. Dieser leistete zwar 120 PS/88 kW, hatte aber nur 156 Nm maximales Drehmoment gegenüber munteren 170 beim neuen „Boosterjet“. Das neue kleine Triebwerk wirkt erheblich munterer bei einem Verbrauch, der in der Praxis einen guten Liter niedriger liegt.
Wer noch immer an modernen Dreizylindermotoren zweifelt, wird vielleicht von BMW überzeugt. Im Elektro-HybridSportwagen i8 leistet ein 1,5-Liter-Dreizylinder 231 PS/170 kW, die sich mit den 130 PS/96 kW des Elektromotors zu 362 PS/266 kW Systemleistung addieren. Beschleunigung in 4,4 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100, Normverbrauch 2,1 Liter. Für einen besonderen Bestwert sorgte dazu vor Kurzem Honda. Auf dem Bonneville-Salzsee in den USA erreichte der „S-Dream Streamliner“422 km/h. Damit wurde der Hondainterne, 2006 von einem Formel-1-Boliden aus dem BARRennstall aufgestellte Rekord gebrochen – mit einem Dreizylindermotor mit nur 660 Kubikzentimetern Hubraum.