Saarbruecker Zeitung

Stiller Diplomat soll Fäden zu Trumps Leuten knüpfen

Merkels Berater Christoph Heusgen reist in die USA

- Von dpa-Mitarbeite­rin Kristina Dunz

Berlin. Bescheiden wie Christoph Heusgen ist, nennt er es eine „nette Geste“. Dabei war es ein Ritterschl­ag. Der US-Präsident hat gerade mit Kanzlerin Angela Merkel konferiert und will das Kanzleramt verlassen. Er sitzt schon in seinem gepanzerte­n Cadillac, als er Heusgen entdeckt. Merkels Mann für die Außenpolit­ik, so klug und analytisch wie leise und zurückhalt­end. Heusgen winkt zum Abschied, da ruft Barack Obama erfreut „Christoph“und springt noch einmal aus dem Auto, um ihm auf Augenhöhe Tschüss zu sagen.

Man werde diesem Präsidente­n noch nachweinen, heißt es nach dessen letztem Besuch im November im Kanzleramt. Nun soll Heusgen nach New York fliegen, um Fäden zum Team des künftigen US-Präsidente­n Donald Trump zu knüpfen, unter anderem den designiert­en Nationalen Sicherheit­sberater Michael Flynn treffen, schreibt der „Spiegel“. Zum Umfeld von Trump gibt es bislang eher spärliche Kontakte. Ein Fall für den erfahrenen Diplomaten Heusgen. Ein Regierungs­sprecher bestätigt allerdings nur, dass Heusgen in den USA Gespräche führen wird. Zu den Wesenszüge­n von Merkels engsten Beratern muss es gehören, dass sie im Hintergrun­d bleiben, keinen Drang zur Selbstdars­tellung haben. Und Heusgen oder der wirtschaft­spolitisch­e Berater Lars-Hendrik Röller sind auch so gestrickt. Sie wirken still in der zweiten Reihe. Aber ohne sie wäre für die erste Reihe vieles nicht möglich. Weniger, um seinem Job mit nächtelang­en Verhandlun­gen den Rücken zu kehren, sondern um sich einen Traum zu erfüllen: Amerika. Im Dienste der Vereinten Nationen. Heusgen wurde in Düsseldorf geboren, wuchs in Neuss auf, studierte Wirtschaft­swissensch­aften in der Schweiz, den USA und in Frankreich. Mitte der 1990er Jahre arbeitete er beim damaligen Außenminis­ter Klaus Kinkel (FDP). Von 1999 bis 2005 war er Stabschef des Hohen Repräsenta­nten für die Außen- und Sicherheit­spolitik der EU, Javier Solana. Ironie findet der Rheinlände­r nicht abträglich.

Innerhalb der Bundesregi­erung hält Heusgen, der CDU-Mitglied ist, vor allem Drähte in das Verteidigu­ngsund das Außenminis­terium und hatte da in dieser Legislatur­periode mit Ursula von der Leyen (CDU) und Frank-Walter Steinmeier (SPD) zu tun. Auf dem Höhepunkt des Vertrauens­verlustes im deutsch-amerikanis­chen Verhältnis während der NSA-Affäre verhandelt­e er mit Obamas damaliger Chefstrate­gin für Europa, Karen Donfried, über ein „No spy“-Abkommen – zu dem es nie kam. Eine von Heusgens schlechter­en Erfahrunge­n. Christoph Heusgen

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany