Ein gefährlicher Einsatz für den Frieden
Warum die Bundeswehr-Mission in Mali Afghanistan übertreffen kann
Gao. Es ist nicht ganz einfach, sich im westafrikanischen Mali bei 34 Grad im Schatten in Weihnachtsstimmung zu bringen. Auch sonst ist es für die deutschen Soldaten eher ungemütlich im Camp Castor in der Stadt Gao. Dies liegt am Feind, der außerhalb der hohen Mauern des Feldlagers auf die Blaumhelmsoldaten der UN-Mission Minusma lauert: islamistische Rebellen. Noch vor vier Jahren herrschten sie in Gao, es war eine ihrer Hochburgen. Seit ihrer Vertreibung verüben sie regelmäßig Anschläge. Zuletzt vor drei Wochen. Da steuerten Selbstmordattentäter zwei mit Sprengstoff beladene Fahrzeuge auf das Flughafengelände, das 900 Meter vom Haupttor entfernt liegt. Ein Fahrzeug explodierte, beim anderen versagte der Zünder.
Morgen trifft Ursula von der Leyen (CDU) mit einer zivilen Chartermaschine für Krisengebiete am Ort des Anschlags ein. Mit gepanzerten Fahrzeugen geht es ins Camp. Die Verteidigungsministerin will den Soldaten Mut machen. Sie will ihnen aber auch nichts vormachen und stellt sie auf ein langes Engagement ein. „Wir müssen Geduld haben“, sagt sie über die Mission, die spätestens 2017 in mehrfacher Hinsicht der Einsatz Nummer eins für Deutschland sein wird.
Das zeigt allein die Truppenstärke: Am 11. Januar wird das Kabinett eine Ausweitung des MaliMandats beschließen, die Zustimmung des Bundestags gilt als sicher. Dann können statt wie bisher 650 bis zu 1000 Soldaten an der UN-Mission zur Umsetzung des Friedensabkommens für Mali teilnehmen. Hinzu kommen bis zu 300 Soldaten, die im Süden des der laufenden deutschen G20-Präsidentschaft erklärt. Der Kontinent ist also inzwischen klar Chefsache.
Und es gibt Europas Verantwortung für Afrika: Anders als in Afghanistan überlassen es die USA hier den Europäern, für Sicherheit und Stabilität zu sorgen. Als der Norden Malis 2012 in die Hände von Rebellen fiel, intervenierte Frankreich. Um die Ausbildung der malischen Armee kümmert sich jetzt die EU. Und an der UNFriedensmission sind zwar überwiegend Afrikaner beteiligt. Aber hochwertiges Gerät wie Drohnen und Hubschrauber samt Personal stellen Deutschland und Holland.
Die Kehrseite des größeren deutschen Engagements in Mali: Es ist sehr gefährlich. Minusma ist die tödlichste aktuelle UN-Mission. Bis Oktober sind 70 Blauhelmsoldaten und andere UN-Kräfte bei Anschlägen und Angriffen von Aufständischen getötet worden. Im Sommer wurde erstmals eine Bundeswehr-Patrouille beschossen. Von einem „neuen Afghanistan“will im Verteidigungsministerium trotzdem aber noch niemand etwas wissen – obwohl auch die Mission am Hindukusch vor 15 Jahren als „Stabilisierungseinsatz“begann und erst viel später zu einem verlustreichen Kriegseinsatz wurde.