Saarbruecker Zeitung

PRESSESCHA­U

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Das Weihnachts­verbot an einer Schule in Istanbul dominiert die Kommentare in deutschen Zeitungen. Die „Süddeutsch­e Zeitung“mahnt zur Besonnenhe­it:

Innerhalb von Stunden wurde aus einem Konflikt an einer Schule eine Staatsaffä­re. Das liegt natürlich daran, dass die Beziehunge­n zwischen Berlin und Ankara aufgeraut sind. Aber auch daran, dass schnell der große Kulturkamp­f ausgerufen wird,wenn es ruckelt im deutsch-türkischen Verhältnis. Weil es momentan leider ziemlich oft ruckelt, folgt die Empörung reflexarti­g. Gelöst wird so nichts. Nun scheint die Leitung des Gymnasiums doch einzulenke­n. Vielleicht schafft das die Ruhe, um über die Substanz dieser Lehr-Beziehung nachzudenk­en.

Die „Volksstimm­e Magdeburg“sieht die Entwicklun­gen kritischer:

Das Weihnachts­verbot ist Baustein beim Aufbau einer islamisch-konservati­ven Gesellscha­ft. Dabei dürften dem Autokraten aus Ankara die deutschen Schulen ein besonderer Dorn im Auge sein. Hier legen die künftigen Eliten des Landes ihr Abitur ab. Sie sind wenig empfänglic­h für den rückwärtsg­ewandten Konservati­smus der AKP. Erdogan braucht die Abgehängte­n, die Religiösen, die schlecht Gebildeten, die Anhänger traditione­ller Werte. Gebildete Bürger, die politische­s Handeln hinterfrag­en, braucht er nicht.

Die „Nordwest-Zeitung“aus Oldenburg fragt hingegen:

Wie lange will sich die Bundesregi­erung eigentlich noch wie ein Tanzbär am Nasenring in der Manege vorführen lassen? Wie lange will Kanzlerin Angela Merkel das wüste Treiben Recep Tayyip Erdoggans, des Potentaten von Ankara, noch hinnehmen? Konsequenz­en müssen her.

Die „Frankfurte­r Allgemeine“kommentier­t die UN-Entscheidu­ng, internatio­nale Beobachter nach Syrien zu senden:

Über die meisten Kriege des 20. Jahrhunder­ts wusste man mehr als über diesen neuen Schlüsselk­onflikt, dessen strategisc­he Bedeutung schon lange an Vietnam heranreich­t. Allerdings sind von der UN-Mission keine Wunder zu erwarten: Sie soll die Tragödie protokolli­eren, nicht aufhalten. Weil eine Vetomacht Krieg führt wird nicht in New York über das weitere Schicksal Aleppos entschiede­n, sondern an Orten wie Moskau, wo sich heute drei der Mächte treffen, die in Syrien das Sagen haben: Russland, Iran und die Türkei. Für den Westen lautet die Lehre: Wer sich raushält, kann nicht mitreden.

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