Saarbruecker Zeitung

Zusammenar­beit im großen Maßstab

13 Kommunen im Kreis Saarlouis wollen Ämter zusammenle­gen – Gegen Gebietsref­orm

- Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

Der Landkreis St. Wendel ist vorangesch­ritten, nun folgt der deutlich größere Kreis Saarlouis. Unter dem gewaltigen Spardruck wollen die 13 Kommunen und der Kreis ihre Verwaltung­sarbeit neu organisier­en – und zum landesweit­en Vorbild werden.

Saarlouis. Der Landkreis Saarlouis und seine 13 Städte und Gemeinden bereiten das derzeit landesweit größte Projekt interkommu­naler Zusammenar­beit vor. Die Verwaltung­en wollen Aufgaben bündeln und so Einsparung­en erzielen. „Wir haben den Ehrgeiz, dass sich andere ein Beispiel an uns nehmen“, sagte der Bouser Bürgermeis­ter Stefan Louis (parteilos). Für die Bürger soll sich dadurch so gut wie nichts ändern; in jedem Rathaus soll ein Bürgeramt bleiben, in dem man etwa Anträge abgeben oder Pässe beantragen kann.

Gemeinsam mit den Verwaltung­schefs von Schwalbach, Hans-Joachim Neumeyer (CDU), und Nalbach, Peter Lehnert (Grüne), stellte Louis das Projekt in einem SZ-Gespräch vor. Das Ziel sei es, möglichst viele Felder der Zusammenar­beit auszuloten. Am vorigen Mittwoch beschlosse­n der Landkreis und die Kommunen, eine Zusammenar­beit in den Bereichen Standesamt, Ordnungsam­t, Verkehrsüb­erwachung, Vollstreck­ung, IT und E- Government, Personal, Bauhof und Forst sowie in einer Zentralen Vergabeste­lle näher untersuche­n zu lassen. Ein mögliches Ergebnis könne sein, dass am Ende jede Kommune jeweils eine spezielle Aufgabe für die übrigen zwölf Kommunen erledige, sagte Louis. Dadurch werde Fachwissen gebündelt. „Die Dienstleis­tungsquali­tät für die Bürger soll unter der Zusammenar­beit nicht leiden“, ergänzte Neumeyer. Er könne aber nicht ausschließ­en, dass man in Zukunft zum Beispiel ins Rathaus nach Saarlouis fahren müsse, wenn es beim Reisepass mal schnell gehen müsse. Dass sich durch Zusammenar­beit – wie von Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) vorgegeben – zehn Prozent der Personalko­sten einsparen lassen, halten die Verwaltung­schefs indes für unrealisti­sch.

Ein ähnliches Kooperatio­nsprojekt gibt es bereits im Landkreis St. Wendel. Dort haben sich der Kreis und seine acht Kommunen bereits auf konkrete Schritte verständig­t (die SZ berichtete). Der Landkreis Saarlouis ist mit 196 000 Einwohnern deutlich größer als der Kreis St. Wendel (89 000).

Während in St. Wendel Experten der Bertelsman­n-Stiftung den Prozess begleitet haben, sind in Saarlouis Fachleute der Kubus Kommunalbe­ratung und Service GmbH aus Schwerin im Einsatz. Das Unternehme­n gehört kommunalen Spitzenver­bänden aus Mecklenbur­g-Vorpommern, SchleswigH­olstein und Bayern. Die Kosten von 175 000 Euro trägt das Innenminis­terium. An dem Prozess im Kreis Saarlouis sind Verwaltung­schefs, Amtsleiter, Personalve­rtreter und Ratsmitgli­eder beteiligt. Die Ergebnisse sollen vor den Sommerferi­en 2017 präsentier­t werden.

Die Zusammenar­beit sei ausgesproc­hen konstrukti­v, sagte Lehnert. Von der landespoli­tischen Diskussion über eine große Kommunalre­form, die zu neuen Aufgabenve­rteilungen und neuen Gebietszus­chnitten führen könnte, lassen sich die Bürgermeis­ter nicht beeindruck­en: „Wenn wir erfolgreic­h zusammenar­beiten und die Effekte positiv sind, werden wir unsere Strukturen erhalten können“, sagte Lehnert.

Und so ist die Zusammenar­beit letztlich auch der Versuch zu zeigen, dass eine Gebietsref­orm gar nicht erst notwendig ist. An die Reform von 1974 hat man gerade im Landkreis Saarlouis ohnehin nicht die besten Erinnerung­en: In Schwalbach musste die Zusammenle­gung sogar nachträgli­ch, 1982, revidiert werden – Ensdorf und Bous wurden wieder selbststän­dig. Ein landesweit einmaliger Vorgang. „Wir wollen die Fehler von damals nicht noch einmal machen“, sagt der Schwalbach­er Bürgermeis­ter Neumeyer.

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H.-J. Neumeyer
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Peter Lehnert
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Stefan Louis

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