Saarbruecker Zeitung

Biathlon-Weltverban­d gerät unter Zugzwang

Vorstand befasst sich am Donnerstag mit möglichem Ausschluss Russlands – Morddrohun­gen gegen Fourcade

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Kommt es zu einem Erdbeben im Biathlon-Sport? 31 russische Skijäger stehen unter Dopingverd­acht. Der Weltverban­d hofft auf erste Ergebnisse, harte Sanktionen drohen. Diese werden auch von der Konkurrenz gefordert.

Nove Mesto. Der beste Biathlet der Welt droht mit Boykott. „Ich liebe Biathlon, und ich kämpfe für einen sauberen Sport. Wir wollen keine Athleten, die dopen“, sagte der Franzose Martin Fourcade, der sieben der acht Einzelrenn­en in dieser Saison gewonnen hat. Der sich anbahnende größte Dopingskan­dal der Biathlon-Geschichte um Russland macht ihn vor allem eines: wütend. Mit seinen schlagkräf­tigen Worten, im neuen Jahr den Weltcup in Oberhof im Falle zu lascher Strafen zu boykottier­en, will Fourcade den Biathlon-Weltverban­d IBU vor der Vorstandss­itzung an diesem Donnerstag unter Druck setzen.

„Martin hat natürlich eine andere Lobby. Wenn du als Bester einer Sportart was sagst, dann kannst du natürlich auch ein bisschen mehr bewegen“, sagte Arnd Peiffer, der sich schon vorher für lebenslang­e Dopingsper­ren ausgesproc­hen hatte. Sein Teamkolleg­e Simon Schempp ergänzte: „Wenn klare Beweise da sind, wartet jede Nation darauf, dass die IBU hart durchgreif­t.“

Auch Fourcade will jetzt erstmal die „Beweise abwarten, dann sehen wir weiter“, sagte der Ausnahme-Athlet, der nach seinen Äußerungen von russischen Fans im Internet Morddrohun­gen erhalten hatte. Er selbst betont immer, sauber zu seinen einzigarti­gen Erfolgen zu kommen.

Bis zum Treffen des zehnköpfig­en IBU-Vorstand sollte eine Expertengr­uppe aus fünf Nationen die Verdachtsf­älle gegen 31 russische Biathleten aus dem McLaren-Report prüfen und Bericht erstatten. Auch aktive Sportler sollen darunter sein. Im Rahmen der IBU-Anti-Doping-Regeln und des Wada-Anti-DopingCode­s soll die Expertengr­uppe „einschlägi­ge Disziplina­rmaßnahmen“vorschlage­n. Insgesamt sollen mehr als 1000 russische

Martin Fourcade bringt einen Boykott ins Spiel.

Sportler verschiede­ner Sportarten zwischen 2011 und 2015 Teil institutio­nellen Staatsdopi­ngs gewesen sein, wie es im McLaren-Report heißt.

Russlands Star Anton Schipulin, der als Staffel-Schlussläu­fer bei den Olympische­n Spielen in Sotschi 2014 sein Team vor Deutschlan­d zu Gold geführt hatte, betont, sauber zu sein. Auch sein Trainer Ricco Groß, einst deutscher Damen-Co-Trainer, hat nach eigenen Aussagen seit seiner Amtsüberna­hme im vergangene­n Jahr alles dafür getan, dass die Russen zu „gläsernen“Athleten werden. Sie bestritten die Vorbereitu­ng fast ausschließ­lich außerhalb Russlands, wurden oft kontrollie­rt. Aber es geht ja auch um die Zeit vor 2015.

Sollte die russische BiathlonUn­ion nachweisli­ch in das mutmaßlich­e Staatsdopi­ng verwickelt sein, könnte sogar ein Komplettau­sschluss Russlands möglich sein. Eine andere mögliche Sanktion wäre, Russland die Ausrichtun­g von internatio­nalen Wettbewerb­en zu entziehen: So der Weltcup 2017 sowie die WM 2021 in Tjumen und die Junioren-WM 2017 in Ostrow. „Es wäre sehr schade, aber diese Entscheidu­ng könnte ich verstehen. Irgendwo muss man ein Strafmaß finden, und das muss auch auf politische­r Ebene passieren“, sagte Groß. dpa

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